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Kornelia Hahn: Ent-fernte Kommunikation

Rezensiert von Michael Jäckel

Einzelrezension
Als der Philosoph Peter Sloterdijk seine Aussage “Die kleinen Dinge lösen große Medienrevolutionen aus” erläutern wollte, griff er auf das Beispiel der Einführung von Vokalen zurück, mit denen die Griechen “den autonom lesbaren Text erfunden [haben].” Im Hinblick auf den Titel des Buches von Kornelia Hahn könnte man nunmehr sagen: Ein kleiner Bindestrich genügt, um eine andere Perspektive einzuführen. Das Wort “entfernt” dient uns in der Regel als Illustration einer Distanz. Wenn dieser Begriff im Zusammenhang mit Kommunikation verwandt wird, ist doch Telekommunikation gemeint. Das griechische “Tele” bedeutet fern. So ist Telekommunikation eine Kommunikation über Distanzen hinweg. Mit “ent-fernt” ist nun die Repräsentation abwesenden Sinns gemeint, eine Formulierung, die die Verfasserin sehr häufig einsetzt. Obwohl also beispielsweise etwas physisch nicht vorhanden ist, sorgt eine bestimmte mediale Repräsentation zumindest für die Simulation von Anwesenheit. Ent-fernung in diesem Sinne meint also aufgehobene Distanz, ohne diese letztlich völlig außer Kraft zu setzen: ein komplexes Nähe-Distanz-Verhältnis. Illustriert wird dieser Gedanke an vielen Fallbeispielen, die überwiegend aus einer neuen Lesart bereits vorhandener Analysen hervorgehen. Mehr

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Gerd Hallenberger (Hrsg.): Gute Unterhaltung?! Qualität und Qualitäten der Fernsehunterhaltung

Rezensiert von Christoph Jacke

Einzelrezension
Kaum ein Begriff hat speziell in Medien- und Kommunikationswissenschaft für so viele Diskussionen gesorgt wie der der Unterhaltung. In Differenz zu Information oder als Konzept an sich zwischen Finanzierung, Gespräch und Vergnügen ziehen sich vielfältige Überlegungen und auch anschließende Bewertungen durch die letzten Jahrzehnte deutschsprachiger Medienbeobachtung. Der freiberufliche Medienwissenschaftler Gerd Hallenberger analysiert bereits seit geraumer Zeit Phänomene und Mechanismen um das vermeintlich Leichte der Medienkultur und setzt den Haupttitel seines neuen Sammelbands bewusst als fragenden Ausruf: “Gute Unterhaltung?!” Denn, so Hallenberger selbst zum gängigen Vorurteil im Vorwort: “[W]enn etwas nur Unterhaltung ist, kann es nicht ‘gut’ sein; ist es ‘gut’, dann ist es mehr als Unterhaltung.” Mehr

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“Die Weisheit der Vielen”? – Chancen und Gefahren der Internetgesellschaft

Rezensiert von Bernhard Irrgang

Einzelrezension
“Um die Wende zum 21. Jahrhundert begann in der digitalen Revolution etwas falsch zu laufen. […] insgesamt hat die fragmentierte, unpersönliche Kommunikation die zwischenmenschliche Interaktion entwertet. […] Eine neue Generation ist herangewachsen, die geringere Erwartungen hinsichtlich dessen hegt, was ein Mensch sein oder werden kann”. So beginnt Jaron Lanier sein Buch Gadget oder “Schnickschnack”. Sein Fazit: “Statt Menschen als Quelle ihrer eigenen Kreativität zu behandeln, präsentierten die auf Zusammenstellung und Zusammenfassung ausgerichteten Sites anonymisierte Fragmente schöpferischer Leistungen, als wären sie vom Himmel gefallen oder aus dem Boden ausgegraben worden, ohne die wahren Quellen zu bezeichnen”. Der Autor plädiert dagegen für eine humanistische Computertechnologie. Viele der neuen Autoren glauben, dass der Unterschied zwischen Mensch und Computer verschwindet. Sie behaupten, mit dem Computer entstünde eine Lebensform, in der der Mensch sich besser versteht als vorher. Sie propagieren die Illusion einer neuen, möglichst hohen Metaebene, aber Information ist nichts anderes als entfremdete Erfahrung. Der kybernetische Totalitarismus wird zu einer Art Religion und führt zur Anbetung der digitalen Illusion.

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Matthias Marschik, Rudolf Müllner (Hrsg.): “Sind’s froh, dass Sie zu Hause geblieben sind.”

Rezensiert von Rainer Rosenberg

Einzelrezension
“Sind’s froh, dass Sie zu Hause geblieben sind.” Der Satz des österreichischen Radio-Sportreporters Heribert Meisel aus dem Jahr 1949 beim Länderspiel Österreich gegen die Türkei wurde von den Herausgebern ausgewählt, um zu demonstrieren, wofür die Mediatisierung des Sports unter anderem steht: für die Wahlmöglichkeit bei Fernsehübertragungen dranzubleiben oder abzuschalten, bei Zeitungsberichten weiterzublättern, im Internet woanders hinzuklicken. Sport aus “zweiter Hand” genossen ist weniger anstrengend, weniger gemeinschaftsbildend und hat mit den Wirklichkeiten an den Austragungsorten von sportlichen Wettkämpfen nur mittelbar zu tun – mediatisiert eben. Mehr

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Stefan Andreas Keller: Im Gebiet des Unneutralen

Rezensiert von Roger Blum

Einzelrezension
Die Schweiz wurde vom Dritten Reich bedroht, aber nicht erobert. Sie war 1940-1945 zwar vollständig von faschistischen Ländern umschlossen und in den Zweiten Weltkrieg wirtschaftlich und moralisch verwickelt, nicht aber militärisch. Jedenfalls sah sie sich veranlasst, die Medien seit 1934 beschränkt, seit 1939 umfassend zu zensurieren. Während die Pressezensur seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts thematisiert und wissenschaftlich untersucht wurde, blieb die Buchzensur lange unbeachtet. Jetzt legt der Zürcher Stefan Andreas Keller, der heute als e-Learning-Koordinator an der Universität Zürich tätig ist, mit seiner historischen Dissertation erstmals eine gründliche Untersuchung vor. Mehr

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Klaus Arnold, Christoph Classen, Susanne Kinnebrock, Edgar Lersch, Hans-Ulrich Wagner (Hrsg.): Von der Politisierung der Medien zur Medialisierung des Politischen?

Rezensiert von Philip Baugut

Einzelrezension
Der vorliegende Sammelband erscheint in mehrerer Hinsicht breit angelegt: Auf fast 500 Seiten wird das vielschichtige und im 20. Jahrhundert überaus wechselvolle “Verhältnis von Medien, Öffentlichkeiten und Politik” untersucht. Am Beginn steht eine theoretische und begriffliche Auseinandersetzung mit der “Medialisierung der Politik” (Teil 1). Es folgen Fallstudien zum Verhältnis von Medien und Politik, wobei beide Hälften des 20. Jahrhunderts beleuchtet werden (Teile 2 und 3). Am Ende findet sich eine Analyse historischer Diskurse zur Medialisierung der Politik (Teil 4). Das ambitionierte Werk ist das Ergebnis einer 2007 veranstalteten Tagung, die (mit der ARD und dem konservativen Seeheimer Kreis der SPD) auch Vertreter jener beiden Seiten unterstützten, deren Verhältnis betrachtet wird. Mehr

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Jan Rommerskirchen: Prekäre Kommunikation

Rezensiert von Max Hermanutz und Aşkin Bingöl

Einzelrezension
Jan Rommerskirchen legt eine überarbeitete Fassung seiner Dissertation vor, mit der er eine praxisnahe kommunikationswissenschaftliche Theorie, insbesondere für Vernehmungen in der multikulturellen Gesellschaft, entwickeln will. Der Autor greift damit ein Thema auf, das heute eher selten von Wissenschaftlern behandelt wird, obwohl die Aussagen von Beschuldigten und Zeugen und deren Wahrheitsgehalt im Rahmen von polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen und spätestens in den Hauptverhandlungen der Strafverfahren sehr bedeutsam sind. Bei einem Bevölkerungsanteil von circa sieben Prozent Nichtdeutscher gewinnt sein Thema noch mehr an Brisanz. Mehr

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Francisco Javier Montiel Alafont: Werbegeschichte als Kulturgeschichte

Rezensiert von Friedrich Edelmayer

Einzelrezension
Francisco Javier Montiel Alafont hat das hier zu besprechende Buch 2007 im Fachgebiet Interkulturelle Wirtschaftskommunikation der Universität Jena als Dissertation eingereicht. Es stellt die erste umfassende Untersuchung zum bezeichneten Thema in deutscher Sprache dar, weshalb das Buch zweifellos Beachtung verdient. In seinem ersten Hauptkapitel gibt der Autor einen allgemeinen Überblick über die spanische Forschung zu den Themenkreisen “Werbung” und “Kultur”, um sich dann in seinem zweiten Hauptkapitel den theoretischen Grundlagen und Analysemodellen einer Werbegeschichte als Kulturgeschichte zu widmen. In seinem dritten Hauptkapitel, das den weitaus umfangreichsten Teil der Arbeit ausmacht, dem empirischen Teil der Untersuchung, geht er dann ausführlich auf konkrete Beispiele ein. Mehr

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Horst Schäfer, Claudia Wegener (Hrsg.): Kindheit und Film

Rezensiert von Tobias Kurwinkel

Einzelrezension
Das Verhältnis von Kindheit und Film “in unterschiedlichen Epochen und im Hinblick auf unterschiedliche Themenfelder” will der Sammelband Kindheit und Film nachzeichnen. Die Herausgeber Claudia Wegener und Horst Schäfer möchten damit zu einem Arbeitsfeld beitragen, das von der wissenschaftlichen Forschung stiefmütterlich behandelt wurde und wird. Dies verwundere, so die Herausgeber, da Filmproduktionen, die sich vornehmlich an Kinder richten, “ein spezielles (Kindheits-)Bild ihrer Zeit widerspiegeln und dies damit gleichzeitig auch konstituieren” – und so maßgeblich als Sozialisationsinstanz wirksam seien. Mehr

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Herbert Schwaab: Erfahrung des Gewöhnlichen. Stanley Cavells Filmphilosophie als Theorie der Populärkultur

Rezensiert von Ludwig Nagl

Einzelrezension
Herbert Schwaabs Dissertation, die sich mit wichtigen Aspekten der – so anspruchsvollen wie motivreichen – Film- und Fernsehanalysen des Philosophie-Emeritus aus Harvard, Stanley Cavell, auseinandersetzt, liegt nunmehr als Band 15 der von Rolf F. Nohr herausgegebenen Schriftenreihe Medien’ Welten. Braunschweiger Schriften zur Medienkultur vor. In acht ausführlichen Kapiteln untersucht der Autor das philosophiegeschichtlich hoch vernetzte Diskursfeld von Cavells Studien zu den neuen Medien. Cavells post-analytische Erkundungen liegen, in der Regel, quer zu den gängigen Film-“Theorien” und formieren sich – einem innovativen Denkansatz verpflichtet – primär vor dem Hintergrund seiner Wittgenstein- und Emersonlektüre. Schwaab stellt Cavells Gedanken zum Film ausführlich dar, bleibt jedoch nicht bei ihnen stehen, sondern versucht daraus, u. a., wichtige Anregungen für die Analyse neuer Fernsehserien zu gewinnen. Mehr

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