Der plötzliche und viel zu frühe Tod des Kommunikationsforschers, Publizisten, Dokumentarfilmers und Medienkritikers Lutz Hachmeister hat 2024 nicht nur diejenigen erschüttert, die ihn persönlich kannten. In vielen Nachrufen hieß es, dass "wir", die bundesdeutsche Gesellschaft, kritische Wissenschaftler wie ihn "gerade in diesen Zeiten" dringend bräuchten. Zumal, so möchte ich ergänzen, seine Gegenwarts-Analysen immer von profundem Geschichtswissen getragen waren. Davon zeugt auch das letzte Buch, das kurz nach seinem Tod im Herbst 2024 erschienen ist. Hitlers Interviews: Der Diktator und die Journalisten bietet eine umfassende Analyse der über 100 Interviews, die Adolf Hitler zwischen 1922 und 1944 ausländischen Journalisten und einigen wenigen Journalistinnen gewährte. Lutz Hachmeister untersucht, wie Hitler und seine Helfer im Außen- und im Propagandaministerium diese Gespräche strategisch nutzten für die Verbreitung der nationalsozialistischen Ideologie, aber auch zu tagespolitischen Zwecken. Mehr
Christian Schicha, Professor an der Universität Erlangen-Nürnberg, zählt zu den ausgewiesenen Experten für Medienethik. Sein 2025 erschienener Band Kommunikationsethik empfiehlt sich für Studierende, Lehrende und Praktiker und ergänzt das gemeinsam mit Carsten Brosda herausgegebene Handbuch Medienethik sowie seinen Band Medienethik. Während das nach wie vor zentrale Handbuch vielfältige theoretische Ansätze und Perspektiven bündelt, führt Schicha nun als Alleinautor durch Grundlagen, Kontroversen, Debattenräume und Lösungsansätze. Die Einleitung beginnt mit einem zwölfzeiligen Zitat und enthält auf den folgenden Seiten zahlreiche, teils überlange Fremdzitate. Im folgenden Abschnitt skizziert der Autor den Aufbau des Bandes und endet mit einer Danksagung, die eigentlich in ein Vorwort gehört. Die Chance, pointiert in das Thema einzuführen, bleibt also ungenutzt. Deshalb bietet sich der Einstieg ins erste Hauptkapitel I "Grundlagen" an. Aber auch hier werden im Unterkapitel 2 ethische Konzepte nur skizziert und nicht als Basis für die später folgenden konkreten Fälle ausgeführt. Die starke Zitatorientierung erschwert den Lesefluss, da Einbettungen und argumentative Zusammenhänge im selbst formulierten Text oft fehlen. Mehr
"Was ist 'guter' Journalismus?" und "Was soll Journalismus in einer demokratischen Gesellschaft leisten?". So formuliert der Autor, etwas salopp, die abstrakte, umfassende "Kernfrage“ seiner Dissertation, die nun in Buchfassung vorliegt und bereits zweifach prämiert wurde. Auch wenn diese Fragen sicherlich zu groß sind und daher letztlich nur unzureichend beantwortet werden können, müssen sie – so der Autor – gestellt werden. Denn für die Demokratie wie für den Journalismus sei ihre Beantwortung ebenso existentiell wichtig wie notwendig: Beide unterliegen einem "starken Wandel“. Dieser wird verursacht durch vielerlei externe wie interne Faktoren, vor allem durch die omnipräsente Digitalisierung, für die die (Kommunikations-)Wissenschaft theoretische Erklärungen und empirische Befunde bereitstellen muss. Disziplinär ordnet Riedl seine Studie der journalistischen Qualitätsforschung zu, die in der Kommunikationswissenschaft bekanntlich schon etliche Konjunkturen und Kontroversen gesehen hat. Ihre Aufarbeitung – wie die der Demokratieforschung einerseits und der Handlungsforschung andererseits – bedarf profunder Gründlichkeit, weshalb das Literaturverzeichnis allein schon fast 70 Druckseiten umfasst und die gründliche Belesenheit das Autors indiziert. Mehr
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht seit Jahrzehnten unter Beschuss. Waren und sind es in erster Linie die Zeitungsverleger, die nach wie vor die Finanzierung aus Gebührengeldern auf dem Kieker haben, kommen heute grundlegende politische, Struktur- und Vertrauensfragen hinzu. Zwar bedeuten die ökonomischen, politischen und sozialen Herausforderungen keine substanzielle Bedrohung des Systems, aber aufgrund des Legitimationsdrucks müssen sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu öffentlich-rechtlichen Medienhäusern entwickeln. Im Kern stehen dabei Social-Media-Strategien, um vor allem jüngere Menschen zu gewinnen und zu binden. Das beschreibt kurz und viel zu knapp die Ausgangslage der umfangreichen Studie Lea Sophie Lehners, die in gekürzter Fassung seit einigen Monaten als Buch vorliegt. Mehr
Manchmal muss man Traditionen über den Haufen werfen. "Der Pürer", das Lehrbuch mit dem Titel "Praktischer Journalismus", ist Urahn des vorliegenden Bandes, so das neue Herausgeberteam – und es hat sich vom großen Vorbild gelöst und ein völlig neues Werk zusammengestellt und kuratiert. Bereits am Aufbau lässt sich die Neukonzeption ablesen: Beginnend bei Grundsätzlichem (Was ist Journalismus – und was nicht?) über die klassischen Ressorts (von Außenpolitik bis Lokales oder Wissenschaft), die Darstellungsformen (von Nachrichten bis zum redaktionellen Arbeiten), den "Digitalen Journalismus" (von Social Media über Podcasts bis zur Künstlichen Intelligenz) und den Journalismus als Beruf (Ethik, Medienrecht, Arbeitsrecht, journalistisches Unternehmertum) spannt sich der Bogen. Mehr
Beginnen wir am Schluss. Was haben Rudolf Augstein und Heinrich Heine gemeinsam? Der Senator für Kultur und Medien in Hamburg, Carsten Brosda, schreibt: Sie teilen ihre Vorstellung von der freien Meinungsäußerung. Sie "haben geschrieben, um eine Gesellschaft daran teilhaben und davon lernen zu lassen". Das taten sie in der Hoffnung, "demokratische Wirkung zu entfalten". Für Brosda hat Augsteins Motto "Sagen, was ist" zwei Dimensionen: Fake und Fakten müssen klar unterscheidbar sein – dafür müssen journalistische Medien eintreten. Und der Journalismus muss das gesellschaftliche Gespräch wieder stärker moderieren, um die "fragmentierten Foren digitaler Öffentlichkeiten" zusammenzuführen. Das ist Tenor und Leitmotiv eines Bandes über den Gründer und Chefredakteur des Magazins DerSpiegel, Rudolf Augstein. Wie würde er die Entwicklung des Journalismus bis heute bewerten und für die Zukunft voraussagen? Würde er sich im Grab rumdrehen? Sich abwenden? Würde er angesichts der Digitalisierung der Medien, der Fragmentierung des Publikums, der Erosion des Vertrauens in politische Akteure und deren Entscheidungen, angesichts von Fake News und Shitstorms die Ärmel hochkrempeln? Würde er zum Sturm blasen gegen die Bedrohung des Journalismus und für seinen Schutz kämpfen? Der Inhaber der Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur an der Universität Hamburg, Volker Lilienthal, hat 14 Autorinnen und Autoren eingeladen, sich darüber Gedanken zu machen. Mehr
Wenn derzeit von Künstlicher Intelligenz (KI bzw. AI) die Rede ist, dann werden vor allem ihre phantastischen Optionen in der algorithmischen Prozessoptimierung, im Personalmanagement und in der substitutiven Erweiterung bildlicher Verfahren etwa in der Medizin und anderen Sektoren gefeiert. All diese Verwendungschancen repräsentieren lediglich eine technokratisch, instrumentell und szientifisch verkürzte Sichtweise, kritisiert Kate Crawford. Ihr Buch Atlas der KI, erschienen zuerst 2021, weltweit publiziert und rezipiert und in zehn Sprachen übersetzt, liegt nunmehr in der 3. deutschen Auflage vor. KI, so Crawford, sei von sich aus weder künstlich noch intelligent. Mehr
Wer kennt sie nicht: Kommentare im Internet, sei es in Sozialen Medien oder in Foren, die einen frauenfeindlichen und anmaßenden Klang haben. Viele von ihnen stammen aus der "Mannosphäre". Die Mannosphäre ist eine "lose Ansammlung von Blogs, Reddit-Themen, traditionellen Webforen und Accounts auf sozialen Medien", also keine greifbare, abgrenzbare Gruppe mit festen Regeln. Ihren Mitgliedern ist Frauenhass, Gewaltverherrlichung und eine queerfeindliche Haltung gemein. All das sind Themen, die dieses Buch für mein Forschungsgebiet, die Gender Studies, interessant machen. Incels, Rote Pille, Fight Club – Begrifflichkeiten, die in der Mannosphäre immer wieder vorkommen. Doch was genau verbirgt sich dahinter? Jacob Johanssen widmet sich in Die Mannosphäre. Frauenfeindliche Communitys im Internet der Forschungsfrage, wie sich Frauenhass in den mannigfaltigen Communitys der Mannosphäre äußert. Mehr
Das Buch ist eine Art Manifest, mit so viel Verve und Unbeirrbarkeit, dass man sich ihm nur entziehen kann oder – umgekehrt – ganz gefesselt wird. Natürlich gibt es zwischendurch auch sachliche Passagen über die Strategien, Märkte und Machtkonstellationen der amerikanischen Digitalkonzerne, die von eindrücklichen, plakativen Illustrationen einer professionellen Grafikerin unterstützt werden. Aber beherrscht wird der Duktus von harscher, mitunter suggestiver Kritik und von forschen Aufrufen zu Widerstand und Gegenwehr (wobei allerdings unklar bleibt, wer oder was sie wie bei international agierenden Großkonzernen realisieren soll. Aber dann gehört man wohl schon zum Lager der Abwiegler und Schwächlinge, aus Sicht des Autors). Motiviert wurde der Band offenbar von einer traumatischen Erfahrung des Autors im Oktober 2020. Mehr
Kein Text ohne Bild – dieser Devise folgt der Print- und Onlinejournalismus. Doch obgleich das Visuelle eine hohe Relevanz in der journalistischen Berichterstattung hat, erscheint dessen Stellenwert der tatsächlichen redaktionellen Praxis nicht zu entsprechen. Felix Koltermann wirft mit seinem Buch ein Schlaglicht auf den Umgang mit Fotografie in deutschen Print- und Onlineredaktionen. Er versucht, "einen allgemein verständlichen Zugang zu Fragen der journalistischen Bildkommunikation" (16) zu bieten. Dies gelingt ihm nicht immer gleich gut. Mehr
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