Blog-Archive

Achim Eschbach (Hrsg.): Soziosemiotik

Rezensiert von Tilman Allert

SoziosemiotikEinzelrezension
Fünfzig Jahre nach Erscheinen wird im April 2016 in Wien einer der einflussreichsten Texte der Sozialwissenschaft, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit von Peter Berger und Thomas Luckmann, auf einer internationalen Tagung zum Sozialkonstruktivismus gewürdigt. Die komplexe Wirkungsgeschichte dieses Schlüsselwerks veranlasst immer wieder neue Anläufe, disziplinäre Verzweigungen, Anschlusspositionen und erst Recht theoretische Vorläufer in den Blick zu nehmen. Stimmig zu der Gemengelage von Bezugnahmen und begrüßenswerter Koinzidenz ist ein wunderschön übersichtlicher Grundlagentext zur Semiotik erschienen, herausgegeben von einem der bekanntesten und eifrigsten Vertreter der Disziplin, Prof. Dr. Achim Eschbach, Universität Duisburg-Essen.

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Christian Schön: Die Sprache der Zeichen

Rezensiert von Wibke Weber

Einzelrezension
Was haben ein Heavy-Metal-Konzert, der Bienentanz und die Zellteilung gemeinsam? Es sind Zeichenprozesse, die sich mit Hilfe der Semiotik entschlüsseln und deuten lassen. Wie – das beschreibt und erörtert der Germanist und Linguist Christian Schön in seiner illustrierten Geschichte über die Sprache der Zeichen. Die Frage, die das Buch antreibt, formuliert der Autor gleich zu Beginn: “Wie schaffen wir es, innerhalb einer sehr begrenzten Lebenszeit die Lesbarkeit einer Welt zu erhalten, die immer komplizierter wird und in der sich dem Menschen immer entferntere Lebensräume erschließen?“ (12) Schön bezieht sich hier auf den Philosophen Hans Blumenberg und dessen Werk Die Lesbarkeit der Welt (1981). Nach Blumenberg kann der Mensch nur so lange im Zentrum des Geschehens bleiben, wie er die Zeichen beherrscht. Mehr

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Johanne Mohs: Aufnahmen und Zuschreibungen

Rezensiert von Jan Gerstner

Aufnahmen und ZuschreibungenEinzelrezension
Johanne Mohs’ Arbeit Aufnahmen und Zuschreibungen widmet sich den Wechselwirkungen von literarischem Schreiben und Fotografie unter einem interessanten Gesichtspunkt. Es geht ihr weniger um die so oft gesuchten Spuren fotografischer Bildlichkeit im literarischen Text, sondern, wie der Untertitel des Buchs andeutet, um den “fotografischen Akt”. Das Fotografieren, weniger das Fotografierte steht hier im Vordergrund. Mehr

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Nina Maria Niederl: Körper, Kleider, Kommunikation

Rezensiert von Anna-Katharina Höpflinger

Körper Kleidung KommunikationEinzelrezension
Romane haben, wie Anne Buck hervorhebt, den Vorteil, dass Kleider darin “in action within the novelist’s world” präsentiert werden. In einem solchen literarischen Werk ist Kleidung in einen zeitgeschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext eingebettet, der es ermöglicht, das semantische Potenzial von Kleidung in einem (fiktiven) sozialen Rahmen zu analysieren. In diese Richtung argumentiert auch Nina Maria Niederl in ihrem Buch Körper, Kleider, Kommunikation. Ausgehend von einem literaturwissenschaftlichen Ansatz nähert sie sich der semantischen Bedeutung von Kleidung in vier ausgewählten Werken des marokkanischen Autors Tahar Ben Jelloun an. Ausgehend von der Grundannahme, dass Kleidung “nicht bloss die künstliche Hülle eines Körpers” ist, sondern “seine Definition”, fragt sie nach Interdependenzen zwischen vestimentärem Handeln und Genderrollen. Mehr

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Karl Bühler: Sprachtheorie

Wiedergelesen von Achim Eschbach

Bühler_SprachtheorieEinzelrezension
Karl Bühler (1879-1963) stammte aus Meckesheim bei Heidelberg. Nach dem Abitur studierte er in Freiburg Medizin und im Anschluss daran Philosophie in Straßburg. Als Assistent von Oswald Külpe arbeitete er im Kreise seiner Würzburger Kollegen an seiner Habilitationsschrift, die unter dem Titel Tatsachen und Probleme zu einer Psychologie der Denkvorgänge (Bühler 1907/08) publiziert worden ist. Bühler folgte Külpe an die Universitäten Bonn und München, wo sie experimentalpsychologische Laboratorien aufbauten. 1918 erhielt Karl Bühler an der TU Dresden seinen ersten eigenen Lehrstuhl und 1922 folgte er dem Ruf an die Universität Wien, wo er im Laufe der folgenden sechzehn Jahre gemeinsam mit seiner Frau Charlotte Bühler und zahlreichen äußerst begabten Mitarbeitern und Schülern, zu denen u. a. Egon Brunswik, Paul Lazarsfeld, Bruno Bettelheim, Marie Jahoda, Rudolf Ekstein, Karl Popper, Konrad Lorenz, Hildegard Hetzer usw. zählten, die Wiener Psychologische Schule aufbaute. 1938 wurde Karl Bühler von der Gestapo verhaftet und kurze Zeit später aus seinem Amt entlassen. Gemeinsam mit seiner Tochter Ingeborg verließ er Wien und verbrachte die folgenden fünfundzwanzig Jahre im amerikanischen Exil. Der außerordentliche Erfolg, den Karl Bühler bis zum Beginn der Naziherrschaft mit seinen zahlreichen Publikationen in den deutschsprachigen Ländern erzielt hatte, flaute jäh ab, wofür nicht nur die Tatsache verantwortlich zu machen ist, dass beispielsweise in Amerika deutschsprachige Literatur nicht zur Kenntnis genommen wird. Es ist allerdings auch nicht zu bestreiten, dass sich Karl Bühler seit seiner Habilitation mehrfach in Opposition zu den herrschenden Paradigmen befand. Und wenn man dem Denkstil eines Denkkollektivs widerspricht, so ist das selten karriereförderlich. Mehr

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Ludwig Jäger, Gisela Fehrmann, Meike Adam (Hrsg.): Medienbewegungen

Rezensiert von Johanne Mohs

Einzelrezension
Der im Kölner Forschungskolleg ‘Medien und kulturelle Kommunikation’ entstandene Sammelband Medienbewegungen: Praktiken der Bezugnahme widmet sich dem virulenten medientheoretischen Problem referenzbedingter Bedeutungsdimensionen. Um nachzuvollziehen, wie Sinn allein durch mediale Verortung, Übersetzung oder Verschiebung entstehen kann, schlagen die Herausgeber Ludwig Jäger, Gisela Fehrmann und Meike Adam vor, Verfahrenslogiken der “kulturellen Semantik” zu bestimmen. Den Orientierungsrahmen für die unterschiedlichen Referenzverfahren liefert Ludwig Jäger im ersten Artikel des Bandes unter dem Titel “Bezugnahmepraktiken – Skizze zur operativen Logik der Mediensemantik”. Hier entwickelt er eine von den anderen Autoren des Sammelbandes, vielfach auch explizit, bekräftigte Typologie medialer Operationsprinzipien. Die insgesamt fünf Varianten seines Entwurfs verpflichtet er einer “Logik der Transkription” und betont damit den von Medien hervorgerufenen Gestaltwandel ihrer Referenten durch Neuschreibung oder Rekontextualisierung. Darstellungsvorgänge zeichnen sich demnach explizit durch intramediale Selbstbezugnahmen und intermediale Fremdbezugnahmen aus, eben durch sinnkonstitutive Bewegungen zwischen verschiedenen Medien oder wiederholten Aktivierungen ein- und desselben Mediums. Mehr

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Matthias Bauer, Christoph Ernst: Diagrammatik

Rezensiert von Sybille Krämer

Einzelrezension
Im Sog des iconic turn, angesiedelt im Umfeld der Entstehung einer Bildwissenschaft einerseits sowie der Anerkennung einer Erkenntnisfunktion des Visuellen andererseits, hat sich ein interdisziplinäres Forschungsfeld auskristallisiert, dessen Charakterisierung nun erstmals als deutschsprachige Monographie vorliegt. Es geht um die Diagrammatik, die von den Autoren Matthias Bauer und Christoph Ernst als ein kultur- und medienwissenschaftliches Forschungsfeld eingeführt wird. Methodisch sollen Phänomenologie und Semiotik versöhnt werden; im Resultat entsteht eine pragmatisch orientierte Theorie der Diagrammatik unter besonderer Berücksichtigung ihrer epistemischen Rolle. Kaum ein anderes Werk auf diesem Feld verbindet einen grundlagentheoretischen Anspruch mit der Ausbreitung solcher Materialfülle sowie der Rezeption, aber auch Zusammenführung solcher Vielzahl verarbeiteter Autoren. Doch wie zumeist: diese Fülle hat auch ihren Preis. Die Mannigfaltigkeit der Phänomene und Positionen sowie eine nicht zu verleugnende Willkürlichkeit in der Auswahl und Deutung derjenigen Autoren, die sich in die Ahnenreihe diagrammatischer Vorarbeiter einreihen dürfen oder als deren aktuelle Forschungsrichtung gelten können, drohen das Projekt in seinem Gegenstand ausufern zu lassen und in seiner ‘Botschaft’ etwas zu verwässern. Mehr

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Bernd Stiegler (Hrsg.): Texte zur Theorie der Fotografie

Rezensiert von Carolin Artz

Einzelrezension
Die Frage, ob es eine Theorie der Fotografie gibt und wie eine solche Theorie aussehen könnte, ist vielfach diskutiert worden. Mit der von ihm herausgegebenen Anthologie gibt Bernd Stiegler, Professor für neuere deutsche Literatur an der Universität Konstanz, keine Antwort auf diese Frage. Stattdessen begegnet er der “unüberschaubaren Vielfalt von Texten und Ansätzen” mit einer Kategorisierung in sechs Themenfelder, die er als wiederkehrende Motive fototheoretischer Auseinandersetzungen ausmacht. Unter jeder der sechs Kategorien subsumiert er einige von ihm als wesentlich charakterisierte Texte und trägt somit zu einer fototheoretischen Kanonbildung beziehungsweise -festigung bei. Jedem der sechs Themenblöcke – Fotografie und das Reale, Fotografie und Indexikalität, Fotografie und Kunst, Fotografie und Wahrnehmung, Fotografie und Gesellschaft sowie Fotografie im digitalen Zeitalter – stellt Stiegler einen kurzen, einleitenden Text voran, der das Thema vertieft und die Auswahl der Texte begründet. Mehr

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Klaus Sachs-Hombach (Hrsg.): Bildtheorien

Rezensiert von Viktor Bedö

Einzelrezension
Eine der expliziten Zielsetzungen des Bandes Bildtheorien ist das Identifizieren von Anhaltspunkten zur Beantwortung der Frage, ob Bildgebrauch zu den Schlüsselmerkmalen des Menschen gerechnet werden könne. Diese Zielsetzung wird nicht nur durch den Begriff ‘Anthropologie’ im Untertitel des Bandes widergespiegelt, sondern auch durch den in der Einführung preisgegebenen Arbeitstitel Bild und menschliches Selbstverständnis. Hier erscheint auch eine etwas andere Formulierung derselben Frage, nämlich ob Bildgebrauch auf die selbe Weise wie Sprache ein unverwechselbares und notwendiges Merkmal des Menschen sei. Bildlichkeit, beziehungsweise die Frage nach einem visualistic turn, wird also schon in der Einleitung in einem direkten Vergleich oder auch Gegenüberstellung mit Sprachlichkeit behandelt. Mehr

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Winfried Nöth; Peter Seibert: Bilder beSchreiben

Rezensiert von Martin Siefkes

Einzelrezension
In der Kunstwissenschaft und anderen Bereichen der Ästhetik hat in den letzten Jahren eine dezidiert antisemiotische Bewegung an Einfluss gewonnen, die sich mit Namen wie Gernot Böhme, Horst Bredekamp, Hans Belting oder Dieter Mersch schmücken kann und die Ansicht vertritt, Kunstwerken könne man mit zeichentheoretischen Mitteln nicht beikommen. Dabei wird allerdings, wie Mark Halawa gezeigt hat, mit einer verkürzten Auffassung von Semiotik gearbeitet, die man – in der Art eines “Strohmann-Arguments” – dann bequem zurückweisen kann. Während die geäußerte Kritik auf manche Semiotiker der Saussure’schen Tradition, die sich auf Codes konzentrierten und solche konventionellen Zeichensysteme überall am Werk sahen, zutrifft, gilt sie nicht für die Peirce’sche Semiotik, durch die sich auch unmittelbare Erfahrungen, direkte Eindrücke aller Sinnesmodalitäten, von Materialien ausgehende Wirkungen usw. beschreiben lassen. Mehr

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