Sabine Trepte, Uwe Hasebrink, Holger Schramm (Hrsg.): Strategische Kommunikation und Mediengestaltung

Einzelrezension
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Rezensiert von Michael Schenk

Einzelrezension
Die Rezeptions- und Wirkungsforschung hat traditionell viele Bezüge zur Medien- und Kommunikationspraxis. Viele klassische Studien aus der Rezeptions- und Wirkungsforschung, etwa von Paul Lazarsfeld oder Carl Iver Hovland, verdanken nicht nur ihre Finanzierung, sondern auch ihre Entstehung praxisrelevanten Problemstellungen. Umgekehrt fließen Erkenntnisse aus der Rezeptions- und Wirkungsforschung in die Behandlung von Fragestellungen aus der Praxis ein. Die in dem Band von Sabine Trepte, Uwe Hasebrink und Holger Schramm zusammengestellten Beiträge gehen auf eine Jahrestagung der Fachgruppe Rezeptions- und Wirkungsforschung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (2008) zurück.

An der Tagung nahmen auch Praktiker teil, die die “Praxistauglichkeit” der Beiträge überprüften. Die Autoren hatten die Möglichkeit, die Diskussion bei der Ausarbeitung der dann publizierten Beiträge aufzunehmen.

Der Band umfasst insgesamt elf Beiträge. Nach einer Einführung der Herausgeber zum Thema grundsätzlicher Ansatzpunkte für eine Kooperation zwischen Rezeptions- und Wirkungsforschung und Medienpraxis und der Behandlung gängiger Kooperationsformen werden durchgängig Ansätze und empirische Erkenntnisse aus Studien im Schwerpunktbereich des Bandes vorgestellt und im Hinblick auf praxisrelevante Fragestellungen ausgewertet. Das Spektrum der Beiträge ist breit. Die Beiträge werden in zwei Teilen des Bandes komprimiert: 1. Anwendung der Rezeptions- und Wirkungsforschung auf strategische und persuasive Kommunikation sowie 2. Rezeptions- und Wirkungsforschung für die Mediengestaltung.

Im ersten Teil berichten Schulz/Walter aus einer Befragung von Entscheidern über den Nutzwert der wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Praxis; allerdings wird hierbei auch deutlich, dass die Erkenntnisse häufig benutzt werden, bereits gefallene Entscheidungen in der Praxis zu legitimieren.

Die anderen Beiträge sind verschiedenen Themen gewidmet:

  • Analyse der Loyalität in kritischen Kundenbeziehungen (van Treeck/Zervos),
  • Wahrnehmung und Wirkung einer Schweizer Anti-Rassismus-Kampagne bei Jugendlichen (Stämpfli),
  • Experimente zur Wirkung von Mere-Exposure-Effekten der Product Placements auf die Markenbewertung (Wirth/Matthes/Schemer/Husmann),
  • Experimente zur differentiellen Wirkung von rhetorischen Stimuli (Mimik, Gestik, betontes Sprechen), die auch Real-Time-Messungen inkludieren (Jackob/Roessing/Petersen),
  • bis hinzu einer Verbindung der dramaturgisch-ästhetischen Analyse mit dem Rezeptionshandeln u.a. anhand einer Untersuchung der Rezeption der TV-Show: Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! (Mikos/ Pommer/Töpper).

Unterschiedlich sind auch die Beiträge im zweiten Teil ausgerichtet:

  • Rössler, Germanus, Gruschwitz und Kalch stellen eine auf Basis des Transaktionsmodells entwickelte empirische Studie zum Rezipienverhalten bei Call-In-Shows im Fernsehen vor, in der unter anderem auf aggregierter Ebene Daten aus einer Inhaltsanalyse mit minutengenauen Abrufdaten des Anbieters verknüpft werden. Allerdings können wegen mangelnder Zustimmung des Anbieters (aus Wettbewerbsgründen) die Ergebnisse nicht in dem Beitrag ausgewiesen werden.
  • In einem Beitrag von Böcking, Huwiler und Wirth geht es um die experimentelle Untersuchung der Akzeptanz von unrealistischen Szenen in Action-Filmen.
  • Schramm gibt Einblicke in Erfolgsfaktoren für die Gestaltung von Mainstream-Musikprogrammen im Radio.
  • Behr und Trepte berichten aus einer Bloganalyse zur medienethischen Diskussion über die Kennzeichnung von Werbung und PR in Weblogs und ziehen daraus Schlüsse für die Unternehmenskommunikation.

Zusammenfassend gibt der Band nicht nur Einblicke in eine praxisrelevante Rezeptions- und Wirkungsforschung, sondern macht auch deutlich, dass die Kooperation von Wissenschaft und Praxis bestimmte Eigenheiten und Grenzen aufweist, wie sie etwa bei der wissenschaftlichen Grundlagenforschung (z. B. DFG-Forschung) nicht auftreten (hier gibt es natürlich wieder andere Probleme).

Verdienstvoll ist der Band allemal, da die Umsetzung kommunikationswissenschaftlicher Erkenntnisse in die Medienpraxis dringlich erscheint. Allerdings mangelt es vielen der Beiträge an einer klaren strategisch inhaltlichen Umsetzung. So sind etwa die von Hertha Sturm in den 70er und 80er Jahren vorgelegten medienpsychologischen Arbeiten hinsichtlich praxisrelevanter Fragestellungen deutlich klarer zu lesen (Sturm 2000). Auch ist bei einer Reihe der Beiträge die Datenbasis oft sehr eingeschränkt (kleine Fallzahlen, Experimente im studentischen Bereich), die gewonnenen Erkenntnisse sind daher nicht immer auf ein breites Publikum übertragbar.

Gleichwohl möchte ich den Band empfehlen, weil er eine notwendige Diskussion (erneut) anstößt.

Literatur:

  • Sturm, H.: Der gestresste Zuschauer. Stuttgart [Verlag C.H. Beck] 2000.

Links:

Über das BuchSabine Trepte, Uwe Hasebrink, Holger Schramm (Hrsg.): Strategische Kommunikation und Mediengestaltung – Anwendung und Erkenntnisse der Rezeptions- und Wirkungsforschung. Reihe: Rezeptionsforschung, Band 17. Baden-Baden [Nomos/Edition Reinhard Fischer] 2009, 259 Seiten, 25,– Euro.Empfohlene ZitierweiseSabine Trepte, Uwe Hasebrink, Holger Schramm (Hrsg.): Strategische Kommunikation und Mediengestaltung. von Schenk, Michael in rezensionen:kommunikation:medien, 20. Januar 2010, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/472
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