Rezensiert von Patrick Rössler
Der Auftritt ist spektakulär: Ein leuchtend roter Punkt, darunter ein querlaufender Balken und in der rechten unteren Ecke ein schiefwinkliges Rechteck in selber Farbe. Dieser Umschlag für “Seidels Reklame”, jenes werbekundliche Fachblatt, das später als “werben & verkaufen” weitergeführt werden sollte, stellte im Frühjahr 1923 eine kleine Sensation dar. Denn zwei Jahre vor Jan Tschicholds epochalem Heft zur “elementaren typographie” und auch vor der ersten großen Bauhaus-Ausstellung in Weimar, für deren Katalog László Moholy-Nagy sein Manifest “die neue typographie” formulierte (vgl. Rössler 2010), überraschte ein Werbefachmann auch die Fachwelt mit einem so radikal-konstruktivistischen Cover, wie man es bislang höchsten aus den Kreisen russischer oder holländischer Avantgarde-Künstler kannte. Sein Schöpfer war Wilhelm Deffke, ein lange vergessener Pionier der modernen Reklame, dessen Nachlass von der Bröhan Design Foundation nun in einem opulenten Bildband aufgearbeitet wurde, der eine Ausstellung im Essener Folkwang-Museum (28.9.2013-16.2.2014) begleitet. Mehr