Rezensiert von Vanessa Giese
Mit Medienarbeit 2.0 möchten Norbert Schulz-Bruhdoel und Michael Bechtel “Crossmedia-Lösungen” bieten und ein “Praxisbuch für PR und Journalismus von morgen sein”. Was die zwei Autoren jedoch auf redundanten 240 Seiten offerieren, sind Halbwissen und Konzeptlosigkeit. Schon vor der Lektüre lässt der Untertitel des Werks aufhorchen: “Praxisbuch für PR und Journalismus” – diese Verquickung geht nicht zusammen, möchte man vermuten. Beim Lesen bewahrheitet sich die Annahme schnell: Die Zielgruppe des Buchs ist unklar. In weiten Strecken sind die Texte auf PR-Manager zugeschnitten, einzelne Abschnitte beschäftigen sich allerdings aus journalistischem Blickwinkel mit Fragestellungen zu aktuellen Medienentwicklungen.Ebenso schwammig wie die Zielgruppe ist der Inhalt des Werks: Norbert Schulz-Bruhdoel und Michael Bechtel springen ohne roten Faden von Blogs und Twitter zu Wikis, Second Life und sozialen Netzwerken. Eine verbindende These gibt es nicht, konkrete Handreichungen oder ausführliche Beispiele sind ebenfalls nicht vorhanden. Stattdessen strotzt das Buch vor Wiederholungen und undifferenzierten Allgemeinplätzen. So heißt es zum Thema Blogs (87): “Nach dem Big Bang am ‘neuen Markt’ […] stellten auch Filmfreunde, Kaninchenzüchter und Fanclubs ihre Seiten ins Netz. Literaturbegeisterte, Naturliebhaber, Weltverbesserer und Spinner jedes denkbaren Typs suchten im Web nach Gleichgesinnten […]. Allenthalben sprießen Weblogs im Netz, unaufwendige Online-Tagebücher, in denen sich Menschen mitteilen und Antworten bekommen.” Schon 20 Seiten zuvor – zwischendurch handelten Schulz-Bruhdoel/Bechtel eiligst Twitter, Zahlen zur Zeitungsauflage und die Zukunft des Radios ab – hatten die Autoren eine klare Meinung zu Medienblogs: “Die weit überwiegende Zahl der ernst gemeinten Blogs existiert allein, um Artikel und Sendungen in den hergebrachten Medien mit eigenen Kommentaren, Schimpfkanonaden, pseudointellektuellem Geschwurbel oder offenkundigen Albernheiten zu kontern.” (67)
An Polemik mangelt es also nicht. Dafür aber an Quellenangaben. Als Beispiel sei an dieser Stelle nur die zusammenhanglose Sozialkritik auf S. 35f. genannt: “Heute ist uns die Familie gleich ganz abhandengekommen. Wo es noch ein gemeinsames Abendessen gibt, geht danach jeder seine eigenen medialen Wege. Sogar in den Kleinkinderzimmern flimmert der eigene Fernsehapparat oder gleich der Computermonitor.” Zahlen zur Verbreitung zur Geräteabdeckung in deutschen Haushalten? Fehlanzeige. Zum Mediennutzungsverhalten verschiedener Altersgruppen? Ebenfalls.
Was also kann man Gutes zu diesem Buch sagen? Zugegebenermaßen wenig. Einzig vielleicht, dass es einen – ungeordneten – Überblick über aktuelle Möglichkeiten des Web 2.0 gibt. Wer jedoch entweder mehr theoretisches Wissen oder – auf der anderen Seite – mehr praktische Anleitung sucht, sollte sich andernorts bedienen.
Links:
- Verlagsinformationen zum Buch
- Blog zum Buch
- Berufliche Webpräsenz von Norbert Schulz-Bruhdoel
- Berufliche Webpräsenz von Michael Bechtel
- Webpräsenz von Vanessa Giese an der TU Dortmund