Stephan Weichert, Christian Zabel (Hrsg.): Die Alpha-Journalisten 2.0

Einzelrezension
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Rezensiert von Maja Malik

weichert&zabel2009Einzelrezension
Hinter manch einer Zeitung steckt bekanntlich ein kluger Kopf. Aber welche Köpfe stecken hinter den prominenten publizistischen Seiten im Internet – hinter Bildblog, Perlentaucher, netzpolitik.org, Zeit Online, sueddeutsche.de und tagesschau.de? Wer sind die Menschen, die die Öffentlichkeit im Netz an zentralen Stellen mitgestalten? Wie verstehen sie ihre Rollen und ihre Verantwortung? Wie entwickeln sie ihre Ideen? Und welche Prognosen geben sie über die Medienlandschaft der Zukunft ab? Der Band Die Alpha-Journalisten 2.0 versammelt die Porträts von 20 ausgewählten Online-Akteuren, die als erfolgreiche Blogger, Web-Kolumnisten, kreative Kleinunternehmer und Online-Chefs die Entwicklung der Netzpublizistik formen und reflektieren. In kurzen, sorgfältig formulierten Texten wird das Leben und Schaffen der Protagonisten vorgestellt.

Durch die Auswahl der Alpha-Journalisten 2.0 erfasst der Band viele Facetten der Onlinepublizistik. Da stehen einzelne, meinungsstarke Blogger wie Don Alphonso (alias Rainer Mayer) und Robert Basic neben “institutionellen” Bloggern wie Thomas Knüwer (Handelsblatt) und Matthias Matussek (Spiegel) oder den Initiatoren von Themenblogs wie Stefan Niggemeier (Bildblog) und Markus Beckedahl (netzpolitik.org). Die alten Vordenker Florian Rötzer und Peter Glaser werden in dem Buch vereint mit jüngeren Autoren wie Holm Friebe und Mario Sixtus sowie den Online-Chefs der großen journalistischen Flagschiffe Tagesschau (Jörg Sadrozinski), Süddeutsche Zeitung (Hans-Jürgen Jakobs), Stern (Frank Thomsen), Focus (Jochen Wegner), Zeit (Wolfgang Blau), Tagesspiegel (Mercedes Bunz) und WAZ (Katharina Borchert).

Eine solche Auswahl ist immer schwierig und angreifbar – daher verkneift sich die Rezensentin den Hinweis darauf, wer für ihre Top 20 der Leitfiguren der Netzöffentlichkeit gewählt werden müsste. Fraglich aber ist, ob außer Marketinggesichtspunkten noch etwas dafür spricht, die porträtierten Akteure der Internetöffentlichkeit unter dem Label des Journalismus zu versammeln. Um an den Erfolg des ersten Bandes der Herausgeber Stephan Weichert und Christian Zabel Die Alpha-Journalisten. Deutschlands Wortführer im Porträt (2007) anzuknüpfen, ist es sicherlich sinnvoll, nun die Alpha-Journalisten 2.0 folgen zu lassen. Doch sachlich sind die Porträtierten sehr unterschiedlich dem Journalismus verbunden. Netz-Aktivisten sind nicht immer Journalisten (zum Beispiel Holm Friebe) und Online-Journalisten sind nicht immer Personen, die durch ihre Position, ihre Meinungsstärke oder ihre Analysen als Leitfiguren der Netzpublizistik gelten können (zum Beispiel der porträtierte Reporter von Spiegel Online, Matthias Gebauer). Eine Begründung und Systematisierung der ausgewählten Personen würde dem Leser helfen, die Zielsetzung des Bandes besser nachzuvollziehen.

Die Porträts sind einfühlsam, persönlich und anregend formuliert von meist noch relativ jungen Autoren, die selbst als Journalisten den Umbruch der Publizistik durch das Internet miterleben. Die Texte beschreiben die Lebensläufe der Protagonisten, aber sie kommentieren auch, ordnen ein, beschreiben Begegnungen und persönliche Eindrücke. Sie sind interessant und unterhaltsam und daher sehr lesenswert.

Die einführenden Essays der Herausgeber sowie der Medium-Magazin-Chefin Annette Milz und des freien Journalisten Thomas Schuler sind ebenfalls nach allen Regeln des journalistischen Handwerks verfasst und angenehm zu lesen (auch wenn das “starke Geschlecht” als Synonym für “Männer” [32] doch nun wirklich überholt ist). Stephan Weichert und Christian Zabel beschreiben mit vielen Beispielen, vor allem aus den USA, das Verhältnis von “altem” und “neuem” Journalismus – eine Frage, die auch in den Porträts immer wieder aufgegriffen wird. Doch der Beitrag von Thomas Schuler über die Frage “Wie das Internet den Qualitätsjournalismus verändert” wirkt im Anschluss daran leider an vielen Stellen redundant. Und der Text von Annette Milz, der das “Selbstbild und die Arbeitsweisen junger Journalisten” beschreiben will, wärmt Gespräche mit acht “besonders qualifizierten Nachwuchsjournalisten” (47) wieder auf, die das Medium Magazin 2008 führte. Er steht bestimmt nicht für den Durchschnitt der jungen Journalistengeneration und passt auch nicht ohne weiteres in die Thematik des Buches.

Insgesamt geben Die Alpha-Journalisten 2.0 einen unterhaltsamen Einblick in die Entwicklung der Publizistik im Internet. Eine Auswertung der verschiedenen Tätigkeiten und Selbstbilder der Protagonisten und ihrer verschiedenen Ansichten über die Zukunft des Journalismus hätte weiteren Erkenntnisgewinn liefern können. Ohne diese Systematik ist der Band kein wissenschaftliches, aber ein lesenswertes Buch.

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Über das BuchStephan Weichert, Christian Zabel (Hrsg.) unter Mitarbeit von Leif Kramp: Die Alpha-Journalisten 2.0. Deutschlands neue Wortführer im Porträt. Köln [Herbert von Halem Verlag] 2009, 285 Seiten, 19,80 Euro.Empfohlene ZitierweiseStephan Weichert, Christian Zabel (Hrsg.): Die Alpha-Journalisten 2.0. von Malik, Maja in rezensionen:kommunikation:medien, 16. November 2009, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/463
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