Rezensiert von Katrin Horn
Wie der Untertitel nahelegt, versteht sich Gender Media Studies als ein einführendes Werk, das sich zunächst an Studierende richtet, die sich erstmals dem Bereich der genderorientierten Medienwissenschaft annähern. Dabei machen die Autorinnen gleich zu Beginn klar, dass auch der englische Titel insofern Programm ist, als das Buch die im deutschsprachigen Raum übliche Trennung zwischen der eher empirisch ausgerichteten Kommunikationswissenschaft und der in den Geisteswissenschaften angesiedelten Medienwissenschaft zu Gunsten einer interdisziplinären anglo-amerikanischen Herangehensweise aufgibt. So soll das Buch einen Einblick in eine “transdisziplinär ausgerichtete Geschlechterforschung” gewähren, die sich gleichermaßen mit “Medien, Kommunikation und Öffentlichkeit” (8) befasst.Dieses Ziel verfolgen die Autorinnen Margreth Lünenborg und Tanja Maier in drei übersichtlich strukturierten und konkret abgegrenzten Teilen, die sowohl am Anfang des Buches als auch zu Beginn der einzelnen Kapitel kurz zusammengefasst werden. Dieser didaktisch sinnvolle Aufbau unterscheidet Gender Media Studies von ähnlichen Bänden, die sich eher an ein Fachpublikum richten, und erleichtert die Nutzung als Nachschlage- und Einführungswerk. So widmet sich der erste Teil grundlegenden, sorgsam ausgewählten (geisteswissenschaftlichen) Theorien und Konzepten, die zum Verständnis des Buches sowie im Weiteren des wissenschaftlichen Feldes nötig sind, darunter “Öffentlichkeit”, “Cultural Studies” und “Feministische Filmtheorie”.
Der zweite Teil führt in kommunikationswissenschaftliche Fragestellungen ein, insofern er sich mit Medienproduktion, -texten, und -rezeption auseinandersetzt. Die jeweiligen Kapitel beinhalten dabei neben der Erläuterung der wichtigsten Theorien auch kurze Abrisse über die Entwicklung der Forschungstraditionen und -gegenstände (beispielsweise die Etablierung dekonstruktivistischer Ansätze in den Queer Studies und die Boulevardisierung des Journalismus), die die Beschreibung der aktuellen Wissenschaftslandschaft einbetten. Ergänzt werden die inhaltlich fundierten und umfangreich recherchierten Darstellungen durch annotierte Literaturempfehlungen sowie kurze Übungsaufgaben, Fallbeispiele und Begriffsdefinitionen. Diese heben sich optisch deutlich vom Fließtext ab, wodurch eine schnelle Orientierung und Querlesen erleichtert werden.
Im abschließenden dritten Teil werden die unterschiedlichen Bereiche in drei Fallbeispielen zusammengeführt, die sich dem Feld der Gender Media Studies aus unterschiedlichen Richtungen annähern, und so exemplarisch ein breites Spektrum an möglichen akademischen Herangehensweisen abdecken. Es werden neben Fragen der Repräsentation, dargelegt anhand der amerikanischen Fernsehserie Queer as Folk sowie politischer Berichterstattung, auch Problemstellungen der Mediennutzung durch spezifische Rezeptionsgruppen, hier Migrant_innen, bearbeitet. Dabei erläutern die Autorinnen anhand der Beispiele nicht nur unterschiedliche Methoden und ihre Durchführung, wie etwa Gruppendiskussionen zur Erforschung von Rezeptionsstrategien oder formalästhetische Analysen zur Hinterfragung medialer Darstellungsmuster, sondern fassen die gewonnenen Erkenntnisse auch prägnant und nachvollziehbar zusammen.
Dem einführenden Charakter und der überschaubaren Länge des Buches (knapp 200 Seiten, ohne bibliographische Angaben) geschuldet, können viele der theoretisch komplexeren Themen nur angeschnitten werden (beispielhaft sei Judith Butlers Konzept des performativen Charakters von Sex sowie Gender erwähnt). Auf Grund der sinnvollen Kontextualisierung, der plausiblen Darstellung der Relevanz, der verständlichen Sprache der Erläuterungen und nicht zuletzt der Bewusstmachung der genannten Grenzen bietet Gender Media Studies jedoch einen überzeugenden Ausgangspunkt für die nachfolgende, tiefergehende Beschäftigung mit einzelnen Themen und Theorien in diesem Bereich.
Insgesamt überzeugt Gender Media Studies als Einführung in das von den Autorinnen dargelegte Forschungsfeld und liefert so eine echte Alternative zu existierenden deutschsprachigen Lehrbüchern. Gender Media Studies schlägt eine Brücke zwischen den einführenden Texten zu Gender Studies, die überwiegend soziologisch ausgerichtet sind, und den Standardwerken zur Einführung in die Medienwissenschaft, in denen den Gender und Queer Studies meist nur ein Unterkapitel gewidmet ist. Diese spezifische Ausrichtung, der anschauliche Inhalt und die Leser_innen-freundliche Struktur und Darstellung machen das Buch zu einem vielversprechenden Grundlagenwerk für Studierende sowie für Leser_innen, die bereits vorhandenes Wissen auffrischen oder neu kontextualisieren möchten.
Links:
Über das BuchMargreth Lünenborg, Tanja Maier: Gender Media Studies. Eine Einführung. Konstanz [UVK] 2013, 224 Seiten, 19,99 Euro.Empfohlene ZitierweiseMargreth Lünenborg, Tanja Maier: Gender Media Studies. von Horn, Katrin in rezensionen:kommunikation:medien, 19. November 2013, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/14865