Rezensiert von Barbara Baerns
Zum Grundsatz der Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen in den Printmedien existieren jetzt drei verschiedene Handreichungen. Der Deutsche Journalistenverband (DJV), erstens, hat 2007 die Broschüre Journalismus und Werbung – Plädoyer für die strikte Trennung zwischen Redaktion und Reklame vorgelegt. Sie dokumentiert und erläutert die Kodizes und Richtlinien der Berufsorganisationen, Richtlinien einzelner Medienhäuser, den Schweizer Code of Conduct und den Verhaltenskodex für Journalisten und Medien der Internationalen Journalisten-Föderation (IJF) in Brüssel. Der Deutsche Presserat, zweitens, stellte Ende 2009 seinen Praxis-Leitfaden zu Ziffer 7 Pressekodex ins Netz. Mithilfe ausgewählter Entscheidungen des Deutschen Presserats untermauert er die Richtlinien Ziffer 7.1 (Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen), 7.2 (Schleichwerbung) und 7.3 (Sonderveröffentlichungen), ausgenommen Ziffer 7.4 (Wirtschafts- und Finanzmarktberichterstattung), wozu noch keine Beschwerde eingegangen war. 2010 kommt, drittens, der Band von Dominik Bartoschek, freier Journalist, und Volker Wolff, Universitäts- professor für Printjournalismus am Journalistischen Seminar der Universität Mainz, hinzu. Dieser Text orientiert sich am problembezogenen Schlagwort.Auf der Grundlage des Pressekodex und der Entscheidungen des Deutschen Presserats im Zeitraum 2003 bis einschließlich 2007 behandelt das Buch die Themen Anzeigen (Stichworte: Kennzeichnung redaktionell gestalteter Anzeigen, Gewinnspiele, Angebote zum Kauf redaktioneller Veröffentlichungen, Übernahme von PR-Material, Aktionen zum Eigenmarketing), Kopplungsgeschäfte, Sponsoring, Product Placement, Produktberichterstattung (Stichworte: Redaktionelle Hinweise auf Produkte und Dienstleistungen, Hinweise auf Herstellerangaben, Adressen, Telefon- und Faxnummern, Preise, Hotlines und Internetadressen, Berichterstattung über verlagseigene Produkte und Unternehmen), Wirtschaftsberichterstattung (Stichworte: Unternehmensberichterstattung, Abbildung von Markenlogos und Produkten zur Illustration, Geschäftseröffnungen) sowie Finanzmarktberichterstattung. Die Beiträge fokussieren, dokumentieren, illustrieren und diskutieren alle Beschwerden zum Trennungsgrundsatz, die im Untersuchungszeitraum in eine öffentliche Rüge mündeten oder als unbegründet eingestuft wurden. Am Rande werden Beschwerden berücksichtigt, die zu Missbilligungen und Hinweisen an die verantwortliche Redaktion führten. Die Verfasser zielen auf Auslegungsmuster des Presserats. Sie entfalten insofern auch Widersprüche, Ungereimtheiten und Inkonsequenzen im Entscheidungshandeln. Jeder einzelne Beitrag mündet in zusammenfassende Leitlinien.
Neben der einleitend dargestellten Ziffer 7 des Pressekodex dokumentiert der Band im Anhang die 1964 erstmals formulierten, zuletzt 2003 überarbeiteten ZAW-Richtlinien Redaktionell gestaltete Anzeigen, die jetzt so genannte Verleger-Richtlinie Redaktionelle Hinweise in Zeitungen und Zeitschriften, die die Arbeitsgemeinschaft Zeitschriftenverlage (AGZV) im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Journalisten-Verband und dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) 1952 herausgaben und die bis heute unbearbeitet blieb, ferner die Richtlinie über Product Placement und Schleichwerbung des Deutschen Rats für Public Relations (DRPR) in der seit 2003 unveränderten Fassung. Ein Verzeichnis weiterführender Literatur und ein Register erleichtern den Umgang mit dem Werk im Redaktionsalltag.
Die Entstehung des Buches ist einem Kooperationsversuch der Autoren mit dem Deutschen Presserat zu verdanken. Wie aus einer Protokollnotiz Bartoscheks hervorgeht, fand am 31. Mai 2007 in der Geschäftsstelle des Presserats in Bonn ein Sondierungsgespräch mit dem Geschäftsführer Lutz Tillmanns und den Fachreferenten Ella Wassink und Arno Weyand statt. Dabei wurden Unterstützung bei der Fallsammlung und bei der Auswertung verabredet. “Wenn ich mich richtig erinnere”, so schreibt Wolff, “spielte Herr Tillmanns mit dem Gedanken, das Buch … ja was? Zu fördern? Zu verbreiten? Ich weiß es wirklich nicht mehr, weil ja auch nichts schriftlich festgehalten wurde. Ich weiß nur, dass ich davon ausging, dass Bartoschek und ich schreiben, UVK das Buch verlegt und dann der Presserat mit für die Verbreitung sorgt” (Mitteilung Volker Wolff vom 4. Dezember 2010). Das Arbeitsergebnis lag nach etwa zwei Jahren vor. Das Manuskript wurde von Seiten des Presserats zurückgewiesen, weil er verständliche Erläuterungen zur Spruchpraxis und weniger eine Auseinandersetzung mit der Spruchpraxis erwartet hatte und fördern wollte (Mitteilung Arno Weyand vom 13. Dezember 2010). UVK brachte den Band heraus. Aus Restmitteln des schon 2000 aufgelösten Fördervereins Wirtschaftsjournalismus, der Seminare für Ressortleiter finanziert und veranstaltet hatte, kaufte Wolff den größeren Teil der Auflage auf. Er fand außerdem die Unterstützung von zwei namhaften PR-Fachleuten, die die Bücher mithilfe ihrer Presseverteiler unter Journalisten verbreiteten.
Infolgedessen sucht ein relativ geringer Teil der Auflage Abnehmer: Kommunikationspraktiker und kritische Leser, die bereit sind, dem Trennungsgrundsatz wieder mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Links:
- Verlagsinformationen zum Buch
- Webpräsenz von Volker Wolff an der Universität Mainz
- Webpräsenz von Barbara Baerns an der Freien Universität Berlin