Magdalena Plöger-Werner: Wie Onlinerollenspiele süchtig machen

Einzelrezension
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Rezensiert von Christian Roth

Einzelrezension
Magdalena Plöger-Werner untersucht am Beispiel der Computerspiele World of Warcraft und Metin2, auf welche Weise Onlinerollenspiele süchtig machen. Diese sogenannten Massively Multiplayer Online Roleplaying Games (kurz MMPORG) beinhalten vielfältige Spielmechanismen, die eine exzessive Nutzung fördern. Dem gegenwärtigen Forschungsstand zur Nutzungsmotivation dieses Computerspielgenres entsrepchend, legt die Autorin ihrer Analyse folgende Punkte zugrunde: Persistente Onlinewelten (Gefahr, etwas zu verpassen), Bindung an den Avatar (Identifikation durch eigene Gestaltungsmöglichkeiten), Spielen in sozialen Gruppen (Erlangung sozialer Anerkennung und Zugehörigkeit) sowie zeitintensiv angelegte Spielaufgaben (Isolierung vom realen sozialen Umfeld).

Die Förderung des sozialen Miteinanders wird dabei als zentrales Motiv aufgeführt, das die Nutzer zum Spielen motiviert. In der Realität wird jedoch durch fortschreitende Abhängigkeit das genaue Gegenteil erreicht. Zu den Symptomen der Computerspielabhängigkeit zählen Einengung des Denkens und Verhaltens, Kontrollverlust, Toleranzentwicklung, Entzugserscheinungen, dysfunktionale Regulation von Affekt und Antrieb, Vermeidung realer Kontakte sowie Fortsetzung des Spielens trotz bestehender oder drohender negativer Auswirkungen. Zu diesen möglichen Konsequenzen gehören Defizite im Bereich Körperpflege, Ernährung und Gesundheit; negative soziale Folgen im Bereich Familie, Partnerschaft und Freizeit sowie leistungsbezogene Konsequenzen im Bereich Schule, Ausbildung, Beruf und Haushalt.

Im Rahmen ihrer Untersuchung erarbeitet Magdalena Plöger-Werner einen Beurteilungsleitfaden zur Analyse von suchtfördernden Mechanismen in Onlinerollenspielen. Anhand dieser spielstrukturellen Merkmalsanalyse untersucht sie Inhalte wie bspw. Avatarentwicklung, Kommunikation mit dem Spiel und anderen Mitspielern, Aufgabenstruktur und Belohnungssysteme, sowie Möglichkeiten und Grenzen der Spielwelt selbst. Darüber hinaus ist der Nutzer des Leitfadens aufgefordert, Kontextinformationen (z. B. subjektive Gedanken und Gefühle gegenüber spielbezogenen Fragen) festzuhalten und die eigene Rolle im Spiel und gegenüber Mitspielern zu reflektieren. Dieser Beurteilungsleitfaden ist kein validiertes Messinstrument. Der Autorin zufolge wird am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen jedoch bereits an einer Validierung gearbeitet.

Sowohl World of Warcraft und Metin2 weisen strukturelles Suchtpotenzial auf. Bei Metin2 kann der Spielerfolg zusätzlich zum zeitlich intensiven Spielverhalten durch virtuelle Güter beschleunigt werden, die gegen reale Bezahlung direkt in der Spielumgebung auf einfache Weise, auch ohne elterliches Wissen, zu erwerben sind. Bei vielen Onlinespielen, insbesondere Browsergames, ist das eine gängige Praxis.

Dieses Thema gewinnt dadurch an Brisanz, dass beide Spiele ab zwölf Jahren erhältlich sind und Jugendliche echtes Geld in spielbindende Computerspiele investieren, während sie gleichzeitig meist nicht in der Lage sind, solche Angebote verantwortungsbewusst zu nutzen. Daher sollte die Unabhängige Selbstkontrolle (USK) Computerspiele nicht nur nach Begutachtungskriterien wie Sexualität und Gewalt, sondern auch auf das Risiko der Abhängigkeit prüfen.

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Über das BuchMagdalena Plöger-Werner: Wie Onlinerollenspiele süchtig machen - am Beispiel von World of Warcraft und Metin2. Marburg [Tectum] 2012, 246 Seiten, 24,90 Euro.Empfohlene ZitierweiseMagdalena Plöger-Werner: Wie Onlinerollenspiele süchtig machen. von Roth, Christian in rezensionen:kommunikation:medien, 27. Februar 2013, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/11687
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