Rezensiert von Klaus Kamps
Spiegel-Urteil des Bundesverfassungs- gerichts 1966. Freilich greift die Rede von den Medien offenkundig zu kurz, da bedarf es kaum eines Blicks in den Zeitungskiosk oder auf die Programmangebote der Fernsehsender. Die ‘Mediengesellschaft’, wie sie gerne apostrophiert wird, kommt gelegentlich merkwürdig daher, vor allem aber recht differenziert. Wenn dann eine wie auch immer konkretisierte ‘politische’ Rolle von Medien in den Blick gerät, taucht häufig die Idee der Qualitätsmedien auf.
Ein zentrales Leitbild der Kommunikationswissenschaft dürfte zweifellos sein, dass (freie) Medien ein Wesensmerkmal demokratischer Kultur sind. Die Medien als Träger und Spiegelbild einer ‘öffentlichen Meinung’, als gesellschaftliches Kritik- und Kontrollorgan finden sich dann in vielen normativen wie normsetzenden Überlegungen wieder – in der Bundesrepublik z. B. prominent platziert imDiesen Leuchttürmen der öffentlichen Kommunikation widmet sich der vorliegende Band, der auf das Mediensymposium 2008 in Zürich zurückgeht. 24 Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz setzen sich 15 Beiträgen in einer stringenten Konzeption auseinander mit formellen, ökonomischen, inhaltlichen und nutzerorientierten Perspektiven auf das, was Qualität in den Medien heute kennzeichnet und künftig kennzeichnen mag.
Was – in der Tat – macht Qualität der Medien genau aus? Alles, was nicht dem Boulevard zuzuschreiben wäre? Wenngleich die Literatur durchaus Zugänge zu dieser für den journalistischen Alltag wie die Kommunikationswissenschaft wichtigen Frage bietet, so sind doch die hier einleitenden Beiträge des Bandes von Otfried Jarren und Martina Vogel, von Vinzenz Wyss sowie von Bernd Blöbaum ausnehmend hilfreich, um einer dem Qualitätsbegriff offenbar inhärenten Unschärferelation zu begegnen. Sie setzen kognitive Marker für die weitere Lektüre. Diesen Texten – wie auch in der Gesamtschau der Band an sich – gelingt es, die Leuchtturm-Metapher des Titels zu umschiffen (soviel Wortspiel darf sein), d. h. über die allein demokratietheoretischen, aufklärerisch-erhellenden Implikationen journalistischer Qualität hinaus analytische Zugänge anzubieten, die Impulse in die Forschung tragen können und z. B. Indikatoren benennen und (empiriegeleitet) zur Diskussion stellen.
Wahrscheinlich ist dies die Stärke des Bandes: dass nicht wohlräsonnierend ein Niedergang journalistischer Qualität bemängelt (und mit dem Internet erklärt) wird, sondern dass die vielen Facetten, die journalistisches Schaffen und Wirken in gleich welchem Verbreitungsmedium heute bestimmen, mit Blick auf ganz forschungspraktisches Herangehen systematisiert werden. Natürlich bestimmt die Norm eines ‘gehaltvollen’ Journalismus die grundsätzliche Konzeption des Bandes und verschiedener Einzelbeiträge. Aber sie wird eben mikro-, meso- und makroanalytisch ‘übersetzt’, in diesem Fall in Studien zu z. B. inhaltlichem Wandel von Printmedien, Fernsehsendern und -formaten, zur Medienökonomie in verschiedenen Ländern, zu Online-Ablegern, deren Publikum, zu Nutzertypologien und mehr.
Insgesamt bietet der Band damit nicht nur interessante theoretische Auseinandersetzungen im Kontext der (und im Anschluss an die) Qualitätsdebatte, er zeigt auch in der empirischen Umsetzung den Wert solcher Überlegungen für die Disziplin. Es versteht sich, dass an dieser Stelle auch andere, zusätzliche Gegenstände vorstellbar wären; insofern wäre zu wünschen, dass die Reflektion des Readers im Fach weitere Analysen generiert, zumal manche der Erhebungszeiträume der Studien doch schon etwas weiter zurück liegen.
Links:
- Verlagsinformationen zum Buch
- Webpräsenzen von Roger Blum, Heinz Bonfadelli, Kurt Imhof, Otfried Jarren
- Webpräsenz von Klaus Kamps an der Universität Erfurt