Rezensiert von Nicole Gonser
Der vorliegende Band Public Value in der Digital- und Internetökonomie reiht sich ein in die ersten Sammlungen der deutschsprachigen Debatte zu Public Value, was grundsätzlich zu begrüßen ist, da das Thema im Zusammenhang mit Gebührendebatte und Medienleistungen aktuell ist. Das Buch geht zurück auf die gleichnamige Jahrestagung der Fachgruppe Medienökonomie der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) im November 2009 in Hamburg. Die Aufsätze der dort gehaltenen Vorträge decken eine große Bandbreite ab, die auch das gesamte Dilemma der Public-Value-Diskussion widerspiegelt: Viele Aspekte sind relevant, sind oftmals diffus bzw. in ihren Bestimmungen uneinheitlich, werden (können) meist nur einzeln betrachtet (werden), sind länderspezifisch und entwickeln sich zudem fortlaufend.Die versammelten Fachautorinnen und -autoren aus dem deutschsprachigen Forschungsraum nähern sich dem Thema aus juristischer, ökonomischer und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive. Die Mitwirkenden stammen alle aus der Wissenschaft, was klar ist, da es sich um einen wissenschaftlichen Tagungsband handelt, was schade ist, weil so die nötige ergänzende Sichtweise von “Betroffenen”, also den Praktikerinnen und Praktikern der Medien oder Medienpolitik fehlt.
Festzuhalten ist, dass nicht alle Beiträge den Bezug zu Neuen Medien herstellen, wie es der Buchtitel eigentlich plakativ und mit gängigen Modewörtern geschickt verspricht. Die Artikel stehen dabei jeweils eher für sich, d. h., dass die Mehrzahl der Autorinnen und Autoren jeweils mehr oder weniger intensiv einführt und damit für die Komplettleserin oder den Komplettleser Redundanzen entstehen können. Da Sammelbände doch eher selten als Gesamtlektüre rezipiert werden, ist das Einzelaufsatzprinzip wiederum von Vorteil, zumal sechs Oberkapitel die Texte in Bereiche ordnen. Sie navigieren unterschiedlichste Leserinnen- und Leserinteressen bzw. können die Sichtweise Anderer auch Disziplinfremden gezielt vermitteln. Hilfreich in diesem Sinne ist nicht zuletzt auch die Einleitung des Herausgebers selbst, der die Ursprungsdefinition von Public Value vorstellt und das dahinterstehende Gemeinwohlkonzept skizziert.
Hervorzuheben, ohne andere Beiträge schmälern zu wollen, sind besonders die Aufsätze, die anstelle der durchaus wichtigen Herleitungen und Analysen von zusammenhängenden Aspekten konkrete und findige Lösungsbausteine erarbeiten und prüfen, um vom Theoretisieren auch endlich zur Praxis zu gelangen – hier stoppt die hiesige Public-Value-Debatte oftmals vorzeitig. Beispielhaft für die vorgestellten, greifbaren Ansätze sind folgende: Eine grundsätzliche Annäherung über Bewertungskategorien auf Systemebene, die aus Literatur und ExpertInneninterviews gewonnen wurden, haben Troxler, Süssenbacher und Karmasin (121-143) verfolgt, um die öffentlich-rechtlichen Public-Value-Maßnahmen im europäischen Ländervergleich zu verorten. De Avecado, von Rimscha und Siegert (313-334) beziehen sich auf die Kommunikatoren und nähern sich anhand des Rollenselbstverständnisses von befragten Redakteurinnen und Redakteuren öffentlich-rechtlicher wie privat-kommerzieller Anbieter einer Beurteilung von Fernsehunterhaltung.
Auf Ebene der Medienproduktion prüft Mellmann (158-174) die Eignung der Tausenderkontakt-Kosten zur Überprüfung von Leistungen, indem sie als Kennwert zwischen Aufwand, Qualität und Nachfrage gefasst werden. Dies ist besonders vor dem Hintergrund der verfügbaren Daten von Interesse, die hierzu herangezogen werden können – hier ermittelt die Autorin auch Nachbesserungsbedarf für die Ausweisung dieser Kennzahlen nach anderen Maßeinheiten, etwa Marktanteile anstelle absoluter Reichweiten.
Vielleicht ungewöhnlich in der Public-Value-Diskussion, die sich naturgemäß vorranging um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dreht, so dass Printmedien oft in den Hintergrund geraten, ist ein Beitrag von Kolo (242-263), der sich mit der Zeitungszukunft befasst. Der Autor skizziert Entwicklungsprognosen des Marktes, fortschreitende Defizite und bewertet mögliche Kompensationen. In Bezug auf Public Value als publizistische Vielfalt fordert er Verlagshäuser auf, sich online neu zu erfinden und nicht zu kopieren. Auch Seufert (228-241) befasst sich mit Zeitungen: Sein Fokus ist auf Leistungen von Lokalzeitungen in Bezug auf tagesaktuelle, lokale Information gerichtet, für deren Sicherung oder Ausbau er Fördermaßnahmen als sinnvoll erachtet, um den damit verbundenen Public Value zu stärken.
Links:
Über das BuchHardy Gundlach (Hrsg.): Public Value in der Digital- und Internetökonomie. Köln [Herbert von Halem Verlag] 2011, 293 Seiten, 32,- Euro.Empfohlene ZitierweiseHardy Gundlach (Hrsg.): Public Value in der Digital- und Internetökonomie. von Gonser, Nicole in rezensionen:kommunikation:medien, 9. Dezember 2011, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/6905
[…] Nicole (2011). r:k:m-Rezension Public Value (Hrsg. Hardy Gundlach). Verfügbar https://www.rkm-journal.de/archives/6905 […]