Jeff Kaye; Stephen Quinn: Funding Journalism in the Digital Age

Einzelrezension
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Rezensiert von Lars Rinsdorf

Einzelrezension
Jeff Kaye und Stephen Quinn gehen in ihrem Buch einer Frage nach, mit der sich die gesamte Nachrichtenbranche intensiv beschäftigt: Wie lässt sich Journalismus in Zukunft finanzieren? Eine einfache Antwort darauf liefert auch dieser Band nicht, aber immerhin zwei wichtige Erkenntnisse: Jedes erfolgreiche Geschäftsmodell muss passgenau auf das journalistische Angebot zugeschnitten sein, das es finanzieren soll. Und kaum ein Angebot wird sich – wie bisher – auf eine Erlösquelle verlassen können. Wer sich auf die Suche nach dem Erfolgsrezept für seine eigene Redaktion macht, findet in dem Band zahlreiche Zutaten. Denn Kaye und Quinn stellen unterschiedlichste Finanzierungquellen vor – von Spenden über die Mikrofinanzierung bis zur Integration von E-Commerce-Elementen in journalistische Angebote. Zusätzlich setzen sie sich mit Innovationen bei klassischen Geschäfts- modellen wie der Anzeigenfinanzierung auseinander. Dabei geizen sie nicht mit Beispielen und Fallstudien, die meist aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum stammen. Der in Teilen anekdotische Stil mit vielen Zitaten von Experten und Praktikern macht diese Übersicht zudem gut lesbar.

Dieser Kernbereich wird abgerundet durch einen historischen Rückblick auf traditionelle Finanzierungsquellen für journalistische Angebote und deren Bedrohung durch veränderte Rahmenbedingungen. Desweiteren stellen die Autoren mikroökonomische Überlegungen zur Preisfindung und Marktsegmentierung an. Hinzu kommen schließlich Kapitel  zu Kooperationsmöglichkeiten, Innovationsmanagement,  Nutzerintegration und den Vorzügen von Familienunternehmen und Medien in öffentlicher Trägerschaft.

Gerade dem letztgenannten Kapitel sieht man eindeutig die anglo-amerikanische Perspektive an, aus der die Autoren über neue Geschäftsmodelle für Journalismus schreiben. Denn während zum Beispiel die Marktkapitalisierung amerikanischer Zeitungskonzerne in der Tat die krisenhafte Entwicklung befördert, kommt man für die mittelständisch geprägte Zeitungslandschaft in Deutschland sicher zu anderen Ergebnissen. Auch die Diskussion über öffentlich-rechtliche Medien, die die Autoren am Beispiel der BBC führen, hat einen zuversichtlichen Akzent, der sich in der deutschen Debatte so auch nicht unbedingt wiederfindet. Das wirkt einerseits durchaus erfrischend, andererseits aber auch ein wenig zu optimistisch.

Der Fokus der Autoren liegt zudem eindeutig auf der Zeitungs- und Zeitschriftenbranche. Dies ist einerseits sinnvoll, weil hier – gerade im Lokalen und Regionalen – ein Großteil der publizistischen Leistung erbracht wird und die US-amerikanische Zeitungsbranche unter besonders hohem ökonomischen Druck steht. Andererseits scheint diese Perspektive dem ‘Digital Age’ nicht mehr ganz angemessen, in dem die konvergente, kanalübergreifende Aufbereitung von Themen Bedeutung gewinnt. Dieser Aspekt wird von den Autoren zwar angeschnitten, aber nicht vertieft.

Hier macht sich eine Schwäche des Buches bemerkbar: Kaye und Quinn zeichnen in einem beachtlichen Detailreichtum Branchentrends nach und lassen dabei viele Beispiele aus ihrer eigenen Lehr- und Beratungstägigkeit einfließen. Allerdings werden diese vielen Fakten nicht gebündelt, strukturiert und gedeutet. So fällt es schwer, von den Fallstudien zu abstrahieren und die zentralen Entwicklungslinien im Wandel der ökonomischen Grundlagen redaktioneller Arbeit jenseits kurzfristiger Marktausschläge zu erkennen. Augenfällig wird dies etwa in dem Kapitel zu E-Readern und elektronischem Papier, das auf das i-Pad nicht mehr eingeht. Das kann man auch nicht verlangen, schließlich muss das Buch ja irgendwann einmal gedruckt werden. Aber es finden sich eben auch wenig allgemeine Überlegungen, die einem helfen könnten, den medialen Hype um das jüngste Apple-Produkt einzuordnen.

So empfiehlt sich das Buch vor allem als Inspirationsquelle für Gründer, Redakteure und Medienmanager sowie als ertragreicher Steinbruch an Fallbeispielen für die Wissenschaft. Die Autoren überlassen es aber der Journalistik und der Medienökonomie, daraus eine Skulptur zu schaffen, die über den schönen Marmor hinausweist.

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Über das BuchJeff Kaye; Stephen Quinn: Funding Journalism in the Digital Age. Business Models, Strategies, Issues and Trends. New York u.a. [Peter Lang] 2010, 185 Seiten, 69 Euro.Empfohlene ZitierweiseJeff Kaye; Stephen Quinn: Funding Journalism in the Digital Age. von Rinsdorf, Lars in rezensionen:kommunikation:medien, 6. September 2010, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/3691
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