Rezensiert von Christian Gruber
Wissenschaft kommunizieren ist ein Handbuch für Wissenschaftler und solche, die es werden wollen. Und da vor allem Professoren dazu tendieren, sich für große Rhetoriker zu halten, zeigt der Autor Carsten Könneker den Herren der Forschung sehr detailliert ihre Grenzen auf. Könneker listet so ziemlich alle Todsünden des Hochschulpressebetriebs auf: schlechter, unverständlicher akademischer Stil, einfallslose bis sinnentleerte Überschriften, interpreta-tionsbedürftige, den Leser überfordernde Bilder und Grafiken. So weit, so gut.Leider gelangt der Band insgesamt nicht über das hinaus, was viele andere Ratgeber zum Thema “Wie mache ich es besser?” auch schon leisten, nur dass das Buch eben Beispiele aus der Wissenschafts-kommunikation versammelt. Könneker, Chefredakteur der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft, hat es – bis auf einige rudimentäre Absätze – versäumt, den Lesern seines Handbuchs auch einmal die Strukturen des Journalismus zu erklären: Wie er funktioniert, wer die Akteure sind, wie Redakteure ‘ticken’. Warum die Pressevielfalt immer weiter ausdünnt. Warum den Redaktionen langsam die Kompetenz abhanden kommt. Und was es für die Forschung bedeutet, wenn die Presse angesichts der ökonomischen Zwänge immer hektischer und sensationsgetriebener agiert.
Das alles aber sollte man als Wissenschaftler wissen, bevor man versucht, in die Öffentlichkeit hinein zu kommunizieren. Denn gelungene Kommunikation, also abgedruckt oder gesendet werden, erschöpft sich nicht in einfacher Sprache, faszinierenden Metaphern oder plakativen Vergleichen und witzigen Überschriften. Gelungene Kommunikation ist immer auch die strategisch richtige Kommunikation. Wenn es nämlich nur um das journalistische Formulieren ginge, dann könnten sich auch die Hochschulen Profis von außen einkaufen. Diesen Themenkomplex handelt Könneker weitgehend mit Ratgeber-Gemeinplätzen wie dem persönlichen Kontakt, dem Online-Newsletter oder der Presseeinladung (vgl. etwa Seite 121) ab.
Ein wenig marktschreierisch wirken außerdem die zahlreichen Beispiele für kompetenten Wissenschaftsjournalismus, die Könneker vermutlich der Einfachheit halber aus dem von ihm verantworteten “Spektrum der Wissenschaft” entnimmt. Dass dort die Kommunikation in die breite Öffentlichkeit hinein auch nicht gerade erfunden wurde, zeigt einmal mehr (und willkürlich herausgegriffen) die Ausgabe Juni 2012. Eine Überschrift auf Seite 60 beispielsweise lautet: “Das ikosidodekaedrische Prismatohexakosihekato-nikosachoron”. Und der Text auf Seite 18 steigt ein mit den Sätzen: “Proteine entstehen als lange Ketten aus Aminosäuren. Innerhalb von weniger als einer Sekunde faltet sich ein neu hergestelltes Molekül dann zu einer genau definierten räumlichen Gestalt.”
Das setzt beim Leser einen naturwissenschaftlichen Hintergrund voraus und könnte glatt einer der viel gescholtenen Hochschul-Pressemitteilungen entnommen sein.
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Über das BuchCarsten Könneker: Wissenschaft kommunizieren. Ein Handbuch mit vielen praktischen Beispielen. Weinheim [WILEY-VCH Verlag] 2012, 220 Seiten, 24,90 Euro.Empfohlene ZitierweiseCarsten Könneker: Wissenschaft kommunizieren. von Gruber, Christian in rezensionen:kommunikation:medien, 11. August 2012, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/9716