Rezensiert von Petra Bauer
In der Veröffentlichung werden die Ergebnisse einer empirischen Studie zur Medienkompetenz von Erzieherinnen und Erziehern in Kindergärten präsentiert. Die Untersuchung wurde im Rahmen eines zweisemestrigen Seminars mit Studierenden im WS 08/09 und SoSe 09 am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik und Theater in Hannover konzipiert und durchgeführt. Beauftragt wurde das Institut hierzu von der Niedersächsischen Landesmedienanstalt. Die Studie gibt einen detaillierten Einblick in den Stellenwert der Medienerziehung in niedersächsischen Kindertagesstätten. Sie wurde in drei Teilbereichen durchgeführt. In einer ersten Teilstudie wurde die medienpädagogische Kompetenz in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern z. B. durch die Sichtung curricularer Vorgaben und Lehrangebote erhoben. Zusätzlich wurden Leitfadeninterviews mit Ausbilderinnen durchgeführt.In einer weiteren Teilstudie wurden 1100 Erzieherinnen und Erzieher in ca. 200 Einrichtungen mittels eines standardisierten Fragebogens zum medienpädagogischen Handeln befragt. Hierbei ging es um die Erfassung von Kompetenzen, Motiven und Verhaltensweisen der in der Praxis Tätigen. In der dritten Teilstudie wurden die Einschätzungen der Leiterinnen und Leiter von Kindergärten zu den infrastrukturellen Voraussetzungen und organisatorischen Vorgaben für die Medienerziehung in Kindergärten mit Hilfe einer standardisierten Umfrage erhoben. Fragen wurden gestellt hinsichtlich medienpädagogischer Konzepte und deren Umsetzung, der Medienausstattung und der Häufigkeit medienpädagogischer Projekte.
Zusammenfassend kam die Untersuchung zu folgenden Ergebnissen:
In Kindergärten findet Medienerziehung statt. Allerdings hat diese eine untergeordnete Rolle, da sie im Vergleich zu den klassischen Zielen der Kindergartenerziehung als nachrangig bewertet wird. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen wenigen medienpädagogisch engagierten Erzieherinnen und einer großen Zahl, die eher zurückhaltend agiert. Medienpädagogisches Handeln erfolgt häufig reaktiv. Es dominiert die skeptische Sicht auf Medien, die diese als Gefahr und seltener als Chance für die Kinder sehen. Erzieherinnen fühlen sich bei medienpädagogischen Themen überfordert. Motivation und Kompetenz werden als zwei Schlüsselfaktoren für medienpädagogische Arbeit im Kindergarten benannt. Beides hängt sehr stark mit Aus- und Fortbildung zusammen.
Zum Aufbau des Buches:
Anfangs erfolgt eine differenzierte Darstellung zur Kinderbetreuung in Deutschland. Hierbei werden gesetzliche Grundlagen, das Berufsbild, die Ausbildungssituation von Erzieherinnen sowie die Fort- und Weiterbildung thematisiert.
Ein Kapitel ist der Ausbildung von Erzieherinnen gewidmet, da hier die Grundsteine für die eigene Medienkompetenz und das spätere Handeln in der Medienerziehung gelegt werden. Die Ausbildung ist grundsätzlich an Fachschulen und Hochschulen möglich. Interessant ist, dass in den Curricula der Fachschulen die Themen Kreativität und Medien, Mediengestaltung und Medieneinsatz thematisiert werden – in den Studienordnungen der Hochschulen finden diese Kompetenzen keine Erwähnung. Von entsprechend hoher Bedeutung sind Fort- und Weiterbildungsangebote für Erzieherinnen, die in Niedersachsen von der Landesmedienanstalt und vom gemeinnützigen Verein Blickwechsel angeboten werden, allerdings nur wenigen der befragten Erzieherinnen bekannt sind.
Als Grundlage für die nachfolgende Darstellung der Ergebnisse werden die Begriffe Medienkompetenz und medienpädagogische Kompetenz nach verschiedenen Autoren definiert (Theunert, 2003; Baacke, 1999; Groeben & Hurrelmann, 2002; Tulodziecki, 2001; Gysbers, 2008).
Bei der Darstellung des Forschungsstandes beziehen sich die Autoren auf zwei Studien, die auch die Grundlage für die Konzeption der durchgeführten Studie lieferten. Die Studie Lehrer-Medien-Kompetenz ist eine empirische Untersuchung zur Medienkompetenz und Performanz niedersächsischer Lehrer (Gysbers, 2008) und beschreibt das medienpädagogische Handeln von Lehrkräften. Die zweite Studie thematisiert die frühkindliche Medienbildung (Six & Gimmler, 2007). Es folgt die Darstellung des Untersuchungssamplings und der Ergebnisse.
Drei Schlussfolgerungen runden das Buch ab:
- Kindergärten benötigen für medienpädagogische Arbeit eine vernünftige Medienausstattung.
- Fortbildungsangebote müssen besser bekannt gemacht werden.
- Eine Reform der Ausbildungsgänge ist überfällig.
Literatur:
- Gysbers, A.: Lehrer-Medien-Kompetenz. Eine empirische Untersuchung zur medienpädagogischen Kompetenz und Performanz niedersächsischer Lehrkräfte. Berlin 2008.
- Six, U.; Gimmler, R.: Förderung von Medienkompetenz im Kindergarten. Eine empirische Studie zu Bedingungen und Handlungsformen der Medienerziehung. Berlin 2007.
Links:
Über das BuchBeate Schneider, Helmut Scherer, Nicole Gonser und Annekaryn Tiele: Medienpädagogische Kompetenz in Kinderschuhen. Eine empirische Studie zur Medienkompetenz von Erzieherinnen und Erziehern in Kindergärten. Reihe: NLM, Band 27. Berlin [Vistas] 2010, 160 Seiten, 15,- Euro.Empfohlene ZitierweiseBeate Schneider, Helmut Scherer, Nicole Gonser und Annekaryn Tiele: Medienpädagogische Kompetenz in Kinderschuhen. von Bauer, Petra in rezensionen:kommunikation:medien, 26. Juni 2011, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/5303