Franzisca Weder: Die CSR-Debatte in den Printmedien

Einzelrezension
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Rezensiert von Irina Lock

Die CSR Debatte in den MedienEinzelrezension
Dass unternehmerische Verantwortung (Corporate Social Responsibility – CSR) in Forschung und Management immer mehr Raum einnimmt, ist unbestritten. Ob dieser Trend sich allerdings auch in den deutschsprachigen Medien fortsetzt, damit beschäftigt sich Franzisca Weder in Die CSR-Debatte in den Printmedien. Nach der Lektüre wird klar: CSR mag zwar heiß erforscht werden, medial aber bleibt es ein abstraktes Nischenthema in Wirtschaftsressorts.

Grundlage dieser Erkenntnisse ist eine Habilitationsschrift, die zusammengefasst auf gut 200 Seiten eine groß angelegte Inhaltsanalyse deutschsprachiger Printmedien zum Thema CSR beschreibt. Theoretisch zwischen dem interdisziplinären Feld der CSR-Forschung und Kommunikationswissenschaft angesiedelt, muss sich die Autorin daher zweifach verorten. In der kommunikationswissenschaftlichen Theorie (2. Kapitel) legt Weder den Fokus auf Deutungsmuster, sogenannte Frames, die in der Kommunikation zu Tage treten und strukturgebend sind. Die darauf aufbauende Medieninhaltsanalyse stützt sich auf solche Frames, die rund um CSR entstehen.

Im kürzeren Exkurs zur CSR-Theorie (3. Kapitel) gibt die Autorin einen Überblick über die verschiedenen Definitionen unternehmerischer Verantwortung. Interessant ist vor allem die Zusammenfassung der wechselnden Reframings von CSR seit den 1930er Jahren. Als Grundlage für die empirische Studie dient ein zweischichtiger CSR-Frame, einerseits unterteilt in die Gegenpole ökonomisch versus moralisch-philanthropisch, andererseits in eine normative Skala der Argumentation. Durch dieses Analysegerüst werden die folgenden drei Fragen betrachtet: Ob CSR ein Thema in den Medien ist, wenn ja, welche Ereignisse in Zusammenhang mit CSR gebracht werden, und wie diese ggf. geframed werden.

Weder legt im 4. Kapitel dar, wie die über 3.000 Artikel in der methodisch sauber durchgeführten Studie analysiert wurden (leider ohne Abdruck des Codebooks) und beantwortet daraufhin die Forschungsfragen ausführlich. Sie kommt zu dem Schluss, dass CSR ein “Hype” ist, der zwar in Forschung und Lehre Bedeutung hat, nicht aber in den Medien. Generell befindet Weder, dass CSR nur im Wirtschaftskontext vorkommt, weshalb es auf die gesamte mediale Öffentlichkeit bezogen wenig Bedeutung hat. Allgemein stellt sie fest, dass CSR in den deutschsprachigen Printmedien abstrakt und theoretisch behandelt wird, ohne dass ein bestimmtes Ereignis den Auslöser gibt. Nur punktuell führt das unethische Verhalten Einzelner, wie zum Beispiel hohe Bonus-Zahlungen an Manager, dazu, dass CSR auf die Agenda gesetzt wird. Im 5. Kapitel schließt die Autorin dann mit der These, dass sich CSR nicht als Forschungsgegenstand für die “originäre” Kommunikationswissenschaft eignet. Sie spricht Empfehlungen aus für verschiedene Fachbereiche, wie zum Beispiel politische Kommunikation, und hält CSR geeignet für Zwecke der Lehre.

Weder bearbeitet mit ihrer Studie ein interessantes Thema in der CSR-Forschung, das von Wissenschaftlern nicht nur im deutschsprachigen Raum oft vernachlässigt wird. Die Ergebnisse dieser Forschung sind daher nicht nur im deutschen Kontext wichtig, sondern haben auch international Strahlkraft. Ein paar Einzelaspekte sollen trotzdem kritisch angemerkt werden. So stellt die Autorin, richtigerweise, CSR als Themenkomplex dar, der aus der wirtschaftsethischen Forschung in die Medien schwappt, sprich, dessen Deutungen aus dem fachlichen Diskurs in die Medien getragen werden. Allerdings ist es auch genau dieser Aspekt, der positiver gewürdigt werden sollte, da es nicht viele Themenbereiche gibt, bei denen ein solcher Transfer von Wissenschaft in die Medien gelingt.

Weiterhin kann die Schlussfolgerung, dass CSR für die “originäre” kommunikationswissenschaftliche Forschung keine Bedeutung hat, diskutiert werden. So ist es fraglich, was “originäre” Kommunikationswissenschaft ist. Damit zusammenhängend widerspricht diese Darstellung einem Trend zu wachsender Forschung und Austausch im Bereich CSR-Kommunikation, der dabei ist, sich als eigenes Forschungsfeld herauszukristallisieren und sehr wohl im Kosmos der Kommunikationswissenschaft angesiedelt sein will. Zuletzt soll noch angemerkt werden, dass die Leserschaft der Studie vor allem auf den wissenschaftlichen Kreis beschränkt ist, was mitunter auch daran liegt, dass praktische Implikationen fern der Lehre nicht im Zentrum des Buches stehen.

Die CSR-Debatte in den Printmedien ist eine ausführliche Analyse der deutschsprachigen Printmedien zur unternehmerischen Verantwortung und füllt damit eine Lücke in der CSR-Forschung. Dass CSR als “Wirtschaftsthema” eher eine Randerscheinung ist und kaum breitenöffentliche Wirkung hat, ist neu und wichtig, im deutschsprachigen wie im internationalen Kontext. Weders gut gegliederte Darstellung gespickt mit hilfreichen Grafiken und ihre klugen Schlussfolgerungen sind daher für CSR-interessierte Forscher eine empfehlenswerte Lektüre, die den “Hype” CSR medial einzuordnen weiß.

Links:

Über das BuchFranzisca Weder: Die CSR-Debatte in den Printmedien. Anlässe, Themen, Deutungen. Wien [facultas] 2012, 248 Seiten, 26,90 Euro.Empfohlene ZitierweiseFranzisca Weder: Die CSR-Debatte in den Printmedien. von Lock, Irina in rezensionen:kommunikation:medien, 14. August 2014, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/16805
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