Elisabeth Eide, Risto Kunelius (Hrsg.): Media Meets Climate

Einzelrezension
8254 Aufrufe

Rezensiert von Monika Taddicken

MediaMeetsClimate_onlineEinzelrezension
Mit dem Buch Media Meets Climate geben Elisabeth Eide und Risto Kunelius Beiträge des ‘MediaClimate network’ heraus, ein Zusammenschluss von internationalen ForscherInnen zu der Frage, wie UN-Klimagipfel in internationalen Medien dargestellt werden. Die zentrale Fragestellung des Buches lautet: “what is the role – and responsibility – of journalism in communicating this challenge and the global attempt to solve it” (9).

Das Buch ist eine Zusammenstellung von in mehrfacher Hinsicht vielfältigen Beiträgen. Die gemeinsame Basis bilden Analysen von Zeitungsartikeln von jeweils zwei Zeitungen in 17 Ländern (jeweils ein Qualitätsmedium und ein eher populär orientiertes Medium) rund um die Klimagipfel 13 (Bali), 15 (Kopenhagen) und 17 (Durban). Allerdings werden sehr unterschiedliche methodische Zugänge gewählt, die von der einfachen Häufigkeitenauszählung bis hin zu Diskursanalysen reichen. Auch sind nicht immer alle drei Gipfel Gegenstand der Untersuchung. Teilweise wird auf zusätzliches Material zurückgegriffen. Insgesamt wird deutlich, dass die AutorInnen unterschiedlichen Wissenschaftskulturen angehören. Prinzipiell wird eine transnationale und komparative Perspektive angelegt (wobei zumeist wenige Länder ausgewählt werden), in einigen Teilen steht diese im Vordergrund, in anderen (vor allem weiter hinten im Buch) ist diese eher nachrangig.

Teil I (“Global Discourses”) umfasst fünf Kapitel über unterschiedliche Analysen globaler Diskurse. So thematisiert Kunelius in Kapitel 2 die Bedeutungskonstruktionen der öffentlichen Klimadebatten nach Kopenhagen. Konzeptionell greift er hierfür auf eine ‘conceptual map’ mit den vier Dimensionen Sorge, Interessen, Gerechtigkeit und Zweifel zurück. Saleh fokussiert in Kapitel 3 auf die Mediendebatten in Afrika, speziell in Ägypten und Südafrika. Die Frage, wie Journalismus Bezug auf nationale Eliten und Regierungen nimmt, steht im Mittelpunkt. In Kapitel 4 betten Nossek und Kunelius die Medienberichterstattung über die Klimagipfel in den Nachrichtenfluss ein, das heißt sie ermitteln die Ursprünge der Meldungen (Nachrichtenagenturen, Journalisten vor Ort/in der Heimatredaktion). Kapitel 5 von Eide beleuchtet im Gegensatz dazu die diskursiven Dynamiken einer norwegischen Regenwaldschutzinitiative in Norwegen sowie in Brasilien und Indonesien. Abschließend diskutieren Kumpu und Rhaman in Kapitel 6 den unterschiedlichen Umgang mit Zeitbezügen und Zukunftsszenarien in den Zeitungen von Bangladesh und Finnland. Der Hauptunterschied zeigt sich dabei im Rückbezug auf die Gegenwart: Während in Bangladesh ‘die Zukunft jetzt ist’, dominiert in Finnland die Rolle des heute unbeteiligten Zuschauers.

In Teil II des Buches (“Professional Issues”) stehen die professionellen Herausforderungen der globalen Klimadebatte für den Journalismus im Mittelpunkt. Kapitel 7 von Eide berichtet über die Initiative von The Guardian zu einem einheitlichen Editorial in 56 Zeitungen in 45 Ländern der Welt. Sie stellt den Hintergrund dieser Initiative vor sowie Inhalte der Folgedebatte, die sich innerhalb der Bevölkerung entspannt hat. Hierzu greift sie zusätzlich auf Interviewdaten sowie auf Online-Inhalte vom Webauftritt von The Guardian zurück. Auch Rhaman nutzt für Kapitel 8 zusätzliches Interviewmaterial, wenn er die Frage des anwaltschaftlichen Journalismus zur Klimadebatte am Fallbeispiel von Bangladesh diskutiert. Diese Frage nach den Normen und Ideologien des Journalismus ist dabei auch in westlichen Ländern relevant, wie die aktuelle Diskussion unter deutschen Wissenschaftsjournalisten belegt. Duarte und Yagodin stellen in Kapitel 9 Analysen zur Medienberichterstattung von Climategate vor, ‘dem’ großen Wissenschaftsskandal der Klimaforschung, ausgelöst durch die unerlaubte Veröffentlichung tausender Emails und Dateien von Klimaforschern. Sie zeigen, dass in Norwegen und Russland Klimaskeptiker explizit in die Berichterstattung integriert werden: in Norwegen in ausgewogener Form, um eine wissenschaftliche Debatte zu befördern, in Russland dagegen vor allem, um ökonomischen und politischen Eliteninteressen zu dienen. Der Einfluss ökonomischer Interessen, nämlich der der Kohlelobby auf die australische Medienberichterstattung, wird auch in Kapitel 10 behandelt. Chubb beleuchtet hier die Frage der professionellen Verantwortung von Journalisten. Das diesen Teil abschließende Kapitel 11 von Russell et al. widmet sich als (fast) einziger Beitrag den Darstellungen der Klimadebatte im Internet. Die Autoren wenden ein ‘Web Mapping Tool’ an, um für fünf verschiedene Länder mithilfe von ‘Issue Maps’ die Verlinkungen von Sozialen Medien wie Twitter und Facebook mit anderen Onlineseiten zu zeigen.

Der letzte Teil III (“Actor-relations/Representations”) widmet sich Fragestellungen der Darstellungen hinsichtlich von Themen, Interessen und Akteuren. So wird in Kapitel 12 von Hahn et al. die Herausforderung der visuellen Darstellung des Klimawandels in den Medien vorgestellt. Mit Hilfe von Beispielen wird die visuelle Vielfalt gezeigt. In Kapitel 13 beleuchten Ytterstad und Russell, wie die Aktivitäten von Zivilakteuren zu den Klimagipfeln dargestellt und wie ernst sie von den Journalisten eigentlich genommen werden. Auch in Kapitel 14 von Skare Orgeret und d’Essen wird auf die Laienöffentlichkeit fokussiert, nämlich auf die Frage, inwiefern die Öffentlichkeit in Südafrika und Brasilien jeweils von den Qualitäts- und Boulevardzeitungen bedient wird, unter anderem in welchem Umfang und mit welchen Stimmen. Sarwono et al. stellen in Kapitel 15 die Gleichstellungsfragen der Frau in den Zusammenhang mit der Medienberichterstattung zu Klimagipfeln; und Roosvall und Tegelberg widmen sich in Kapitel 16 speziell den Darstellungen von indigenen Völkern, wobei sie auf Arktis-Bewohner fokussieren. Das Kapitel 17 von Kumpu und Kunelius schließlich stellt die gesamte Stichprobe sowie globale Befunde zu den Abhängigkeiten und Komplexitäten in der Klimagipfel-Berichterstattung des Journalismus vor. Im Gegensatz zu den anderen Teilen des Buches werden hier zusammenfassend Ergebnisse aus der gesamten Stichprobe und Analyse vorgestellt. Interessant wären weitere globale Auswertungen gewesen.

Das Buch beschließend betonen Eide und Kunelius in ihrem Epilog (Kapitel 18) die Herausforderung des globalen Journalismus. Wenngleich sie einräumen, dass Medienberichterstattung nach wie vor nationalen Mechanismen, Regeln und Zielen folgt, so fordern sie doch eine “transnational media literacy” (331), nämlich ein Bewusstsein in lokalen Zeitungsredaktionen für mögliche Auswirkungen ihrer Berichterstattung auf internationaler Ebene.

Trotz – oder gerade wegen – seiner Vielfältigkeit der Beiträge in Herangehensweisen, Darstellungen und Befunden handelt es sich um ein sehr interessantes Buch für alle, die sich mit der Darstellung des Klimawandels in den Medien und/oder mit den Ausgestaltungen und Herausforderungen des globalen Journalismus auseinandersetzen wollen. Hervorzuheben ist aber, dass der Ausgangspunkt der Beiträge immer – mal mehr, mal weniger explizit – normativ ist.

Links:

Über das BuchElisabeth Eide, Risto Kunelius (eds.): Media Meets Climate. The Global Challenge for Journalism. Göteborg [Nordicom] 2012, 340 Seiten, 30 Euro.Empfohlene ZitierweiseElisabeth Eide, Risto Kunelius (Hrsg.): Media Meets Climate. von Taddicken, Monika in rezensionen:kommunikation:medien, 11. Dezember 2013, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/15114
Getagged mit: , , , , ,
Veröffentlicht unter Einzelrezension