Unternehmenskommunikation

Sammelrezension
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Rezensiert von Christoph Moss

Sammelrezension
Kommunikation ist zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen geworden. Viele Beispiele zeugen davon, dass mangelnde oder mangelhafte Kommunikation existenzbedrohende Folgen haben kann. Gleichzeitig ist Unternehmenskommunikation sehr komplex. Auf der einen Seite müssen Kommunikatoren ihr Tun rechtfertigen. Dazu brauchen sie belastbare Zahlen und Ergebnisse. Auf der anderen Seite verändern sich permanent die Parameter vor dem Hintergrund eines dramatischen Wandels von Nutzergewohnheiten. Die grundsätzliche Frage dabei ist: Wen wollen Unternehmen auf welche Weise mit welcher Botschaft erreichen? Strategie, inhaltliche Konzeption und klare Zieldefinition sind die notwendigen praktizistischen Hilfsmittel. Aber auch die Kommunikationswissenschaft muss sich mit den drängenden Fragen dieser Disziplin auseinandersetzen. Claudia Mast legt dazu die inzwischen fünfte Auflage ihres Buchs Unternehmenskommunikation vor. In diese Betrachtung passt die Arbeit von Carmen Junge Zusammenarbeit fördern – Kommunikationsbarrieren überwinden. Schnittstellenkommunikation im Unternehmen.

In der Theorie besteht große Einigkeit, dass Kommunikation einen hohen Stellenwert für den Unternehmenserfolg hat. Strategie und operative Praxis in vielen Unternehmen aber sehen anders aus. Besonders der Mittelstand vernachlässigt die Unternehmenskommunikation und definiert sie gern als Kostenfaktor denn als Werttreiber, weil sich der betriebswirtschaftliche Beitrag oft nur schwer nachweisen lässt. Claudia Mast stellt ihr Buch in den Kontext der Turbulenzen auf den Finanzmärkten nach der Lehman-Pleite 2008. Der logische Bogen spannt sich vom Ringen um Aufmerksamkeit bei zentralen Zielgruppen bis zum Erfordernis wertorientierter Kommunikationsarbeit.

Das Buch ist dazu sauber gegliedert. Ausgehend von den theoretischen Grundlagen über Planung und Umsetzung bis zu Herausforderungen ist ein klarer und sinnvoller Aufbau erkennbar. Ein wichtiger Aspekt kommt dabei allerdings zu kurz: Die Rolle der sozialen Medien wird zwar in einigen Kapiteln angerissen. Die Tatsache aber, dass zahlreiche Kommunikationsmodelle nur noch historisch relevant sind und viele Unternehmen ihre Kommunikation neu organisieren, bekommt zu wenig Raum. Kunden, Mitarbeiter, Aktionäre nutzen heute eine Vielzahl von Kanälen. Sie handeln unberechenbar und fordern Unternehmen zu einer unmittelbaren Antwort heraus.

Konzerne müssen ihr Handeln also in zunehmendem Maße vor kritischen Anspruchsgruppen rechtfertigen. Diese Entwicklung wird beschleunigt durch interaktive Kommunikation. Umweltaktivisten, Kunden, Verbraucherschützer und Aktionärsvertreter verbreiten ihre persönliche Meinung im Netz. Sie handeln dabei in Kurzzeit. Der Empfängerkreis ist unbegrenzt, was Managern das Gefühl des Kontrollverlusts bereitet. Das in der Vergangenheit oft senderorientierte Verhalten von Kommunikationsabteilungen weicht dem Dialog, der den Unternehmen auch Signale kritischer Kunden übermitteln kann. Die Komplexität der Kommunikation steigt damit, während die Reaktionszeit sinkt. Twitter, Facebook und Blogs sind feste Bestandteile moderner Unternehmenskommunikation geworden. Sie stellen mehr dar als nur Kanäle, sie stehen sinnbildlich für ein neues Verständnis von Kommunikation. Glaubwürdigkeit und Authentizität spielen dabei eine zentrale Rolle. Sollen Vorstandschefs und Geschäftsführer bloggen? Für welche Zielgruppe ist ein Twitterkanal sinnvoll? Ist es sinnvoll, Facebook, Xing und LinkedIn gleichermaßen zu bespielen? Auf diese Fragen muss die Wissenschaft eine Antwort haben.

Das Buch von Claudia Mast geht dagegen sehr klassisch vor. Kapitel für Kapitel werden zunächst die grundlegenden Begriffe und Entwicklungsphasen der Unternehmenskommunikation geklärt, an die sich ein Überblick über zentrale Theorien anschließt. Dies ist alles ist sauber und aktuell dargestellt, so dass sich dieses Buch auch sehr gut für Studierende eignet, die eine kompakte Einführung in das Thema suchen. Die Einbettung in den betriebswirtschaftlichen Alltag über die Gedanken zur Wertorientierung, Analyse und Erfolgskontrolle ist ausgesprochen hilfreich.

Der Band lässt kein Thema aus, das für die Unternehmenskommunikation relevant ist: Mitarbeiter, Kunden, Kapitalgeber, Medien, Krise, Innovationen, Change und gesellschaftliche Verantwortung werden umfassend und gut nachvollziehbar behandelt. Das Kapitel “Internationale Unternehmenskommunikation” stammt von Simone Huck-Sandhu und fügt sich inhaltlich wie stilistisch nahtlos in den Gesamtauftritt ein.

Stil, Aufbereitung, Chronologie und Didaktik des Buches sind für breite Nutzerschaften geeignet. Unternehmenskommunikation hat die notwendige Recherchetiefe, die angemessene Sprache, die erforderliche Prägnanz in der Darstellung, um von einem wertvollen Beitrag zur Kommunikationswissenschaft zu sprechen – mit der Einschränkung, dass die Dialogkommunikation mit allen denkbaren Ziel- und Anspruchsgruppen in diesem Band zu kurz kommt.

Immerhin gehen die Verwerfungen in der Unternehmenskommunikation inzwischen so weit, dass Industrieunternehmen sich heute schon eigene Newsrooms bauen, die denen von Fernsehsendern und Nachrichtenagenturen in nichts nachstehen. Die klassische Trennung zwischen Marketing, PR, interner und externer Kommunikation wird räumlich eingerissen und organisatorisch neu diskutiert. Offenheit, Transparenz, das Streben nach einheitlichen Botschaften stehen dabei im Mittelpunkt. Genau wie in der Medienbranche entwickelt sich dabei ein Trend zur crossmedialen Produktion, die alle Kanäle, Mediengattungen und Zielgruppen zu erreichen versucht. Kommunikatoren denken in Kampagnen, Themen und Geschichten – und dies unter dem Zwang betriebswirtschaftlicher Effizienz.

Junge_Zusammenarbeit fördernSammelrezension
Die Handelnden müssen sich und ihre Arbeit eng mit der Unternehmensstrategie verzahnen. Dazu gehört auch das Ende des Schubladendenkens in unterschiedlichen Abteilungen mit nicht harmonierenden Zuständigkeiten. Besonders betroffen davon ist traditionell die Mitarbeiterkommunikation, die häufig an der Schnittstelle zwischen Personalmanagement und Marketing angesiedelt ist. Carmen Junges Arbeit Zusammenarbeit fördern – Kommunikationsbarrieren überwinden. Schnittstellenkommunikation im Unternehmen ist 2009 als Dissertation erschienen und gründet auf Erkenntnissen der Sozialpsychologie. Das Buch setzt damit bei der Zielgruppe Mitarbeiter an und untersucht die Kommunikation an den Schnittstellen der Kooperation, die häufig auch Schnittstellen der Kommunikation sind.

Carmen Junge arbeitet die Theorie konsequent und schlüssig ab. Der Reiz einer solchen Arbeit besteht in der Fundierung von Alltagsphänomen, die dann Rückschlüsse auf künftiges Handeln zulassen. Dabei spielt die Verhaltenstheorie eine wichtige Rolle auf dem Weg zum Aufbau einer funktionierenden Schnittstellenkommunikation. Die Gedankenwelt von Corporate Identity, Unternehmenskultur und Personalwirtschaft hat dort maßgeblichen Einfluss.

Die Arbeit steckt einen Rahmen ab, in dem sich Kommunikation entwickeln kann. Unternehmenskommunikation im klassischen Sinne spielt bei der Betrachtung zunächst eine untergeordnete Rolle. Gleichwohl wäre es auch hier spannend zu erfahren, welche Rolle die Dialogkommunikation auf Mitarbeiterebene hat. Der Aufbau einer funktionierenden Schnittstellenkommunikation ist ohne technische Unterstützung kaum vorstellbar. Persönliche Ansprache oder Diskretion? Offenheit oder Zurückhaltung? Wie entstehen Meinungstrends und Gerüchte, und wie tragen soziale Medien in der internen Kommunikation dazu bei? E-Mail-Kommunikation, Blogs, Wikis sind Bausteine der interaktiven Kommunikation, deren Rolle auch vor dem Hintergrund der Sozialpsychologie eine Betrachtung wert wären, wenngleich ihr Stellenwert bei Fertigstellung der Arbeit sicherlich geringer war, als er es heute ist.

Carmen Junge setzt dagegen an den Strukturen an. Interne Kommunikation fasst alle Kommunikationsvorgänge zusammen, die sich in einem Unternehmen abspielen. Damit ermöglicht sie erst das Zusammenspiel der Mitarbeiter, die Interaktion und die Abstimmung untereinander. Kommunikation kann helfen, Sicherheit, Identität, Motivation, Unternehmenskultur oder Arbeitszufriedenheit zu vermitteln. Interne Kommunikatoren agieren häufig als Berater innerhalb eines Unternehmens. Sie koordinieren und vermitteln. Das persönliche Gespräch spielt dabei eine wichtige Rolle, der Aufbau eines an Social Media orientierten Intranets erscheint unter diesen Umständen schlüssig. Die Frage, ob Kommunikation im Unternehmen Regeln braucht, ist gerade vor dem Hintergrund der Sozialen Medien von hoher Relevanz. Zusammenarbeit fördern von Carmen Junge ist eine klassische Dissertation. Die Arbeit ist ein hilfreicher Beitrag an der Schwelle zwischen Sozialpsychologie und Kommunikationswissenschaft.

Links:

Über das BuchClaudia Mast: Unternehmenskommunikation: Ein Leitfaden. 5. überarb. Auflage. Konstanz [UVK-Verlag Lucius] 2012, 515 Seiten, 29,99 Euro.

Carmen Junge: Zusammenarbeit fördern – Kommunikationsbarrieren überwinden. Schnittstellenkommunikation im Unternehmen. Marburg [Tectum Verlag] 2009 zugl.: Göttingen, Univ. Diss. 2009, 277 Seiten, 24,90 Euro.Empfohlene ZitierweiseUnternehmenskommunikation. von Moss, Christoph in rezensionen:kommunikation:medien, 30. September 2013, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/14418
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