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Gerhard Paul; Bernhard Schoßig (Hrsg.): Öffentliche Erinnerung und Medialisierung des Nationalsozialismus

Rezensiert von Juliane Finger

Einzelrezension
Im Jahr 2009 fand das 10. Dachauer Symposium statt, welches sich die Frage stellte, wie sich die öffentliche Erinnerung an Nationalsozialismus und Holocaust in den letzten dreißig Jahren nach der Ausstrahlung der Serie “Holocaust” in 1979 verändert hat. Daraus entstanden ist der vorliegende Sammelband, der sich eben jener interessanten, wenn auch nicht ganz neuen Fragestellung widmet (z. B. Martínez, 2004; Wilke, 2005). Was macht diesen Band lesenswert? Holocaust sei unter Umständen die “folgenreichste Zäsur im geschichtskulturellen Diskurs der Bundesrepublik über Nationalsozialismus und Judenmord” (16), so Paul im einleitenden Beitrag. Die Serie habe eine verstärkte Auseinandersetzung mit der Geschichte eingeleitet. Die seit 1979 zunehmende Medialisierung habe aber auch eine Schattenseite, die Kommerzialisierung und Simplifizierung des Themas. Vor dem Hintergrund dieser These beschäftigen sich die folgenden Einzelbeiträge mit der (mehr oder weniger) von Holocaust beeinflussten Entwicklung in verschiedenen Bereichen öffentlicher Erinnerungskultur. Mehr

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Stephan Braese: Eine europäische Sprache

Rezensiert von Ulrike Haß

Einzelrezension
Spätestens am Ende des 18. Jahrhunderts begannen die in den deutschen Kleinstaaten lebenden Juden sich außer einer regionalen Spielart des Jiddischen, neben dem Hebräischen und weiteren Sprachen wie Polnisch, Französisch usw. der sich soeben entwickelnden überregionalen deutschen Standardsprache zu bedienen und sie auf diese Weise allererst mit zu konstituieren. Thema des zwischen Sprach- und Literaturwissenschaft angesiedelten Buches ist die Art und Weise sowie die Reflexion und Haltung, mit der einige bedeutende Repräsentanten der ‘deutschen’ Juden diesen Sprachwechsel bzw. diese Mehrsprachigkeit kulturell umsetzten. Umsetzung und Performanz nennt der Autor zu Recht “deutsche Sprachkultur von Juden”. Deutsche Sprachkultur, weil es um die deutsche Sprache geht, die erst im langen 19. Jahrhundert ihre Entwicklung aus einer Vielzahl lokaler und regionaler Dialekte zu einer letztere überdachenden, überregionalen und (ansatzweise) normierten Sprache vollzog. An dieser Entwicklung mit ihrem spezifischen Resultat, der deutschen National-, Literatur- oder Kultursprache (die Bezeichnungen sind keineswegs fest und drücken komplexe Ideologien aus), haben viele Faktoren Anteil. Mehr

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Michael Brocke et al.: Visionen der gerechten Gesellschaft

Rezensiert von Petra Herczeg

Einzelrezension
Ausgehend von Gershom Sholems Feststellung, nach der es ein Mythos gewesen sei, dass es im 19. Jahrhundert einen “im Kern” unzerstörbaren deutsch-jüdischen Dialog gegeben habe, der erst durch die Shoah zerstört worden sei, versuchen die Autorinnen und Autoren die Diskursangebote der jüdischen Publizistik zu “Staat, Nation, Gesellschaft” zu analysieren, die gegen die Mehrheitspublizistik nicht angekommen sind. Dies dokumentieren die Autoren bereits im ersten Satz der Publikation: “Vor nun über 100 Jahren mussten Repräsentanten der jüdischen Minderheit in Deutschland feststellen, dass ihr Wunsch nach einer gemeinsamen jüdisch-christlichen Zivilgesellschaft von der Mehrheitsgesellschaft noch immer und erneut zurückgewiesen wurde.” Mehr

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