Hans Mathias Kepplinger: Nonverbale Medienkommunikation

Einzelrezension
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Rezensiert von Nina Haferkamp

Einzelrezension
In seinem Buch Nonverbale Medienkommunikation stellt Hans Mathias Kepplinger empirische Befunde zusammen, die sich mit der Produktion und Wirkung visueller, d. h. nonverbaler, Gestaltungsmerkmale beschäftigen. Im Spezifischen fokussiert er so genannte “Darstellungseffekte”. Darunter werden “alle Wirkungen von Fernsehfilmen und Pressefotos betrachtet, die auf der nonverbalen Selbstdarstellung der abgebildeten Personen sowie ihrer visuellen Darstellung durch Fotografen, Kameraleute, Beleuchter, Tontechniker, Cutter, Metteure und Journalisten beruhen” (11). Dabei macht der Autor deutlich, dass jene Darstellungseffekte das Endprodukt eines mehrstufigen Wirkungsprozesses sind, der neben dem realen nonverbalen Verhalten einer Person (d. h. der gezeigten Gestik und Mimik) besonders auch das darstellte Verhalten inkludiert, welches durch Aufnahmen, Schnitt und Montage beeinflusst ist.

Entscheidend für die Untersuchung der Wirkeffekte ist dann als dritte Komponente das wahrgenommene Verhalten, “das durch Merkmale der Betrachter, ihrer Einstellungen zur gezeigten Person, ihrer Sensibilität für Darstellungstechniken und nonverbale Verhaltensweisen sowie durch das Image der Darstellung n den Augen der Betrachter, wie ihrer Auffälligkeit, wahrgenommener Tendenz und Akzeptanz, gebrochen ist” (11). In Bezug auf die Bedeutungszuweisung der Rezipienten verweist Kepplinger schließlich auf das attribuierte Verhalten und meint damit  all jene Verhaltensweisen, die einer Person durch das Gezeigte zugesprochen werden (z. B. Glaubwürdigkeit). Die im Folgenden skizzierten Befunde sollen vor diesem Hintergrund “das Verständnis und die Spezifikation des Wirkungsmodells” (12) untermauern.

Der Band ist dann wie folgt aufgebaut: Nach einer kurzen theoretischen Einführung werden nachfolgend zehn Studien präsentiert, die sich grob in drei Unterkategorien zusammenfassen lassen:  Die ersten vier Studien konzentrieren sich auf die Wahrnehmung von Politikern (z. B. in der Wahlkampfbericht- erstattung) und beleuchten dabei die Bedeutsamkeit visueller Informationen und im Spezifischen den Einfluss der Visualisierung und Darbietung von Zuschauermeinungen sowie die Bedeutung der genutzten Kameraperspektive. Neben formalen Gestaltungsangeboten wie der Kameraeinstellung wird in einer weiteren Studie auch auf das gezeigte nonverbale Verhalten (Gestik, Mimik) der Politiker selbst und dessen Einfluss auf die Eindrucksbildung beim Zuschauer abgehoben.

Das zweite Set an Studien fokussiert statische Fotografien und geht hierbei folgenden Fragen nach: Ist es möglich, allein durch die Betrachtung eines Fotos, auf die Persönlichkeit einer Person zu schließen? Inwiefern können unterschiedliche redaktionelle Linien bei der Auswahl von Pressefotos einen Einfluss auf die Eindrucksbildung haben? Wie stabil sind Eindrücke, die über ein Foto zu einer Person gewonnen wurden, wenn im Laufe der Zeit inhaltlich andersartige Fotos zu dieser Person gezeigt werden? Und inwiefern greifen Attributionsprozesse bei der Eindrucksbildung, d.h. inwiefern generalisieren Betrachter von Fotos zu einer Person hinsichtlich der Einstellungsbildung?

Im letzten Kapitel präsentiert Kepplinger eine Studie zur Wirkung von Filmmusik auf die Wahrnehmung von Handlungen der Protagonisten, die sich inhaltlich insofern von den anderen Studien unterscheidet, als dass ausschließlich auf die musikalische Gestaltung fiktionaler Filme abgehoben wird.

Alle genannten Forschungsfragen und Themengebiete werden jeweils mit unterschiedlichen Studiendesigns beantwortet. Darüber hinaus werden –  mal mehr, mal weniger ausführlich –  kurze theoretische Grundlagen zu den Befunden dokumentiert, die bei der Einordnung der Ergebnisse behilflich sein sollen.  Begrüßenswert sind kurze Zusammenfassungen am Ende der Studien, die noch mal auf die zentralen Ergebnisse hindeuten. Die statistischen Daten werden dabei verständlich aufbereitet, sind durch Tabellen illustriert und somit auch für Leser verständlich, die sich nicht täglich mit der statistischen Auswertung von Daten beschäftigen.

Für welche Zielgruppe ist das Buch damit interessant? Sicherlich ist es gerade für Leser hilfreich, die in einem ähnlichen Forschungsfeld nach empirischen Belegen suchen oder sich durch gut durchdachte methodische Designs inspirieren lassen wollen. Als ein Werk, das den Gesamtkomplex der nonverbalen Medienkommunikation erfassen will, ist das Buch jedoch wohl nicht zu verstehen. Dafür sind die einzelnen Studien – obschon sie es an vielen Stellen (z. B. in Bezug auf die Studien zur Pressefotografie) anbieten – zu wenig aufeinander bezogen.  Auch das eingangs präsentierte Modell der Darstellungseffekte (13) wird nicht konsequent in Bezug auf die Studien diskutiert und fungiert somit auch nicht als theoretischer Rahmen der Untersuchungsanlagen. Insgesamt fällt die Darstellung der theoretischen Überlegungen recht kurz aus – bei einigen Studien wird sogar fast ganz darauf verzichtet, was stellenweise die Einordnung der Befunde erschwert.

Als Sammelwerk spricht es deshalb primär Wissenschaftler und Studierende an, die sich der Erforschung nonverbaler Angebotsweisen im Kontext der Politikberichterstattung verschrieben haben und die gelieferten Befunde selbstständig einordnen können. Bis auf die letztgenannte Studie zur Filmmusik, die inhaltlich aufgrund der spezifischen Thematik im Buch ein wenig isoliert wirkt, fokussieren schließlich alle Studien die politische, nonverbale Kommunikation, die schließlich auch den inhaltlichen Schwerpunkt des Buches ausmacht.

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Über das BuchHans Mathias Kepplinger: Nonverbale Medienkommunikation. Reihe: Theorie und Praxis öffentlicher Kommunikation, Band 3. Wiesbaden [VS Verlag] 2010, 195 Seiten, 34,95 Euro.Empfohlene ZitierweiseHans Mathias Kepplinger: Nonverbale Medienkommunikation. von Haferkamp, Nina in rezensionen:kommunikation:medien, 20. Mai 2011, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/4066
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