Gabriele Hooffacker: Online-Journalismus

Einzelrezension
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Rezensiert von Klaus Meier

Einzelrezension
Wer ein Lehrbuch zum Online-Journalismus schreibt, ist nicht zu beneiden. Kaum gedruckt, können Details schon durch aktuelle Entwicklungen überholt sein. Allerdings zeigt sich auch seit mehr als 15 Jahren: Die Grundlagen und Herausforderungen dieses Mediums an den Journalismus bleiben gleich, auch wenn in der Zwischenzeit Phänomene wie Blogs, Twitter oder Facebook hinzugekommen sind. Gabriele Hooffacker hat das Buch Online-Journalismus zum ersten Mal 2001 verfasst und nun zum zweiten Mal aktualisiert. Ein Vergleich der dritten Auflage mit der zweiten belegt, was sich im Internet und im Online-Journalismus verändert hat: Zum einen hat das mehrmediale Arbeiten nicht nur für Online-Journalisten, sondern generell im Journalismus zugenommen. Es ist nachvollziehbar, dass die Autorin das Kapitel “Crossmedia” gestrichen hat und das mehrmediale Arbeiten nun an vielen Stellen im Buch immer wieder thematisiert. Zum anderen ist die Beteiligung von Nutzern in Online-Plattformen in den vergangenen Jahren gestiegen. Entsprechend gewachsen ist das dazugehörige Kapitel.

Vor zehn Jahren war der Internet-Journalismus noch ein exotisches Thema auf dem Lehrbuchmarkt; inzwischen liegt eine Fülle von Werken dazu vor. Das Buch von Gabriele Hooffacker ist nach wie vor für Anfänger und Einsteiger zu empfehlen. Insofern passt es ideal in die Gelbe Reihe, die sich der Einführung in die journalistische Praxis verschrieben hat. Eine wissenschaftliche Studie ist da natürlich nicht zu erwarten. Gleichwohl merkt man an etlichen Stellen, dass die Autorin nicht nur aus dem Bauch oder aus eigener Anschauung heraus schreibt, sondern dass sie die einschlägige Wissenschaft kennt und nutzbringend verwertet.

Aus wissenschaftlicher Sicht zu kritisieren wäre nur die manchmal etwas eigentümliche Verwendung von Fachbegriffen. Die multimedialen Formen des Internets werden als “interaktive Formen” bezeichnet – gleichsam ignorierend, dass hier der Nutzer ja nur mit Computer oder Material (inter-)agiert und nicht mit Menschen. Es handelt sich eigentlich aus Nutzersicht um Multioptionalität und aus Produzentensicht um multimediales Erzählen. Dort wo es dann um Interaktionen zwischen Menschen geht, ist von “kommunikativen Formen” die Rede (Social Web, Blogs, Twitter etc.) – ein Terminus, der zwar schön erklärt ist, so aber nicht gebräuchlich ist.

Fragwürdig sind zudem die etwas eigenwillige Definition von Online-Journalismus und quantitative Schätzung von Online-Journalisten: “Von etwa 22.000 Online-Journalisten auszugehen, die den größten Teil ihres Einkommens aus diesem Segment beziehen, dürfte somit eher zu niedrig gegriffen sein”, heißt es auf S. 26.  Nicht nur Puristen bestehen auf einer stärkeren definitorischen Trennung zwischen Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit. Und dann sind es schon erheblich weniger Online-Journalisten in Deutschland.

Wen diese – etwas oberlehrerhafte – Kritik nicht stört, der wird als Berufsanfänger aus der Fülle von stets klar und prägnant formulierten Informationen, Ratschlägen und Tipps rund um das Tätigkeits- und Berufsfeld Online-Journalismus lernen. Vertiefende Informationen für bereits im Berufsfeld erfahrene Leser bietet das Buch jedoch nur ansatzweise. So ist zum Beispiel zum Einsatz von Twitter und anderen sozialen Netzwerken in der Online-Redaktion kaum etwas zu erfahren; das Kapitel beschränkt sich auf (eher technische) Grundlagen dieser Plattformen. An manchen Stellen hört das Buch genau da auf, wo es spannend wird.

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Über das BuchGabriele Hooffacker: Online-Journalismus. Texten und Konzipieren für das Internet. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis. 3., aktualisierte Auflage. Berlin [Econ-Verlag] 2010, 269 Seiten, 23,- Euro.Empfohlene ZitierweiseGabriele Hooffacker: Online-Journalismus. von Meier, Klaus in rezensionen:kommunikation:medien, 5. September 2011, abrufbar unter https://www.rkm-journal.de/archives/2602
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